Apfel muss

Eine Regierung ohne Glaskinn, ein Shop, da wollen alle hin.

Jetzt ist auch der Regierung Covid schon irgendwie wurscht. Die Papamobile werden weggeparkt, irgendwann einmal wird es irgendwo, vielleicht auf der Piste 3 des Flughafens, einen Plexiglasautofriedhof geben und wir werden mit unseren Enkeln daran vorbeispazieren, auf eines der Wracks zeigen und sagen: „Schau, mit dem da ist der Kanzler gegen Covid-19 in den Krieg gezogen. Corona wird unser Woodstock sein, zumindest von der Haarlänge her gibt es Parallelen, wenn auch nur im Kreis jener, bei denen das Angebot am Kopf das hergibt. 

Letzte Woche standen der Kanzler, der Vizekanzler, der Gesundheitsminister und der Innenminister noch da im Kanzleramt wie die Ritter der Kokosnuss, verborgen hinter Plexiglasscheiben, das Virus hätte einen Rammbock gebraucht, um zu ihnen durchzudringen. Gestern gab Rudolf Anschober eine Pressekonferenz, davor und danach setzte er artig eine Schutzmaske auf, aber dazwischen trennte ihn kein Glasparavent mehr von den Journalisten. Der Einfachheit halber blieb der Gesundheitsminister an seinem Amtssitz und gab dort den Spielverderber. Er stellte Bundesliga-Kicks in naher Zukunft in Aussicht, aber „es wird keine Privilegien für den Fußball geben“, sagte er. „Der wird behandelt wie jeder andere“. In einer Sitzung am gestrigen Abend debattierte die Bundesliga dann darüber wie die anderen behandelt werden, damit man wisse wie man selber behandelt wird, es gab kein Ergebnis, das heißt, es gab schon ein Ergebnis, die Beratungen wurden an eine Arbeitsgruppe delegiert.

Von vorn ...

... bis hinten

Kurze Zeit später meldete sich Heinz Faßmann ebenfalls aus seinem Ministerium, auch er ließ das Papamobil in der Garage, vielleicht war er mit dem Kopf dagegen geknallt oder auch mit dem Knie, dort wo andere sich den Kopf stoßen. Der Bildungsminister kündigte an, die Unis und Hochschulen nicht „hochfahren“ zu wollen, weil sie ja nie runtergefahren worden waren (was man den Studenten vielleicht hätte sagen sollen), sondern Unis und Hochschulen (nicht die Studenten) werden vielmehr jetzt „durchstarten“. In stiller Dankbarkeit nehmen wir einen neuen Begriff ins Corona-Lexikon auf. Dieses Durchstarten erfolgt im ersten Gang einen Kolbenreiber-Getriebes, Präsenzunterricht gibt in diesem Studienjahr nämlich keinen mehr, Prüfungen finden schon statt, aber aus der Ferne, der Medizin-Aufnahmetest wird auf den 14. August oder auf Ende September verschoben. Ich hoffe, die angehenden Ärzte können immatrikulieren, ehe sie ihre erste OP am offenen Herzen durchführen dürfen. Warum man in einem Covidjahr, in dem uns die Bedeutung medizinischer Einrichtungen recht anschaulich vor Augen geführt wurde, nicht alle Bewerber aufnimmt, muss ich erst gedanklich sezieren.

Es blieb Sebastian Kurz an diesem Tag vorbehalten, als erster Ritter der Kokosnuss mit dem Papamobil zur Pressekonferenz einzureiten und heranzufahren, es war erst die dritte Pressekonferenz der Regierung an diesem Tag und es war noch nicht vorbei. Kurz trat solo auf, aber das machte nichts, denn schließlich gibt es ja auch nur einen Papst. Oder zwei. Zumindest manchmal.

Der Kanzler hatte zuvor im Kreiskyzimmer, das mit dem Foto von Leopold Figl an der Mauer, an einer Videokonferenz der „smarten Länder“ teilgenommen. Wie es der Zufall so wollte, war ein Fotograf in der Gegend, die dabei entstandenen Fotodokumente zeigen den Kanzler gestikulierend, sein Gegenüber ist ein abartig großer Monitor, auf dem seine Gesprächspartner in einem Mosaik aus kleinen Fenstern eingeblendet sind. Neben dem Kanzler sitzen seine außenpolitische Beraterin Barbara Kaudel-Jensen und sein Pressesprecher Etienne Berchtold. Zettel, Kugelschreiber und Wasserglas (voll) vor Kurz sind so akkurat aufgestellt, Rafael Nadal hätte seine helle Freude daran.

Apfelfieber

Jetzt wo Corona allen wurscht ist, gibt es immer mehr smarte Länder der Welt, denen Corona auch wurscht ist. Aus den „Smart 7“ vor zwei Wochen wurden nun flugs die „Smart 9“, neben Österreich gehören die Regierungschefs von Australien (Scott Morrison), Israel (Benjamin Netanyahu), Dänemark (Mette Fredriksen), Griechenland (Kyriakos Mitsotakis), Norwegen (Erna Solberg), Tschechien (Andrej Babis) und Singapur (Lee Hsien Loong) dazu. Jacinda Ardern, Premier von Neuseeland, ließ sich diesmal vertreten, sie versäumte Österreichs Dirigat und das war schade. Denn als Kurz danach mutterseelenallein in seinem Papamobil stand und die nach Informationen dürstenden Reporter mit Inhalten aus der Videoschalte abfüllte, wurde klar wohin die Reise geht. Also die Reise geht heuer natürlich nirgendwo hin, aber Kurz sagte jedenfalls, was er mit seinen neuen, smarten Kumpels über eine mögliche zweite Welle gesprochen hatte: „Dann braucht’s ein regional zugeschnittenes Vorgehen und ein treffsicheres Containment“. Also konkret: Wenn das Virus noch einmal mit uns seine Tanz hat, werden wir nur mehr lokal eingesperrt. Ob mich das beruhigt, muss ich ebenfalls erst sezieren.

Zum Grande Finale traten dann Vizekanzler Werner Kogler und Finanzminister Gernot Blümel in den Papamobilen auf. In Erinnerung bleibt vor allem, dass Kogler eine Krawatte umgeschnallt hatte, warum auch immer. Die meisten Menschen tragen Krawatten, wenn es der jeweilige Anlass hergibt und keine Krawatte, wenn es der jeweilige Anlass nicht hergibt. Bei Kogler weiß man nicht so recht. Wollte er einen Spinatfleck verbergen? War ihm kalt? Hatte er danach Firmung? 

Ich weiß es nicht, aber in der Pressekonferenz ging es zum wiederholten Male um die Millionen und Milliarden, mit denen der Wirtschaft geholfen wird. Wir müssten ja schon von Geld regelrecht erschlagen werden, wenn wir der Regierung so zuhören, wie viel sie für uns tut. Lauter Töpfe, Fonds, Garantien, Direktzahlungen, Subventionen und Zuschüsse, ein süßer Brei, der nur so herausquillt aus dem Finanzministerium Auf der anderen Seite klagen viele Unternehmen allerdings darüber, dass kein süßer Brei, kein Geld oder viel zu wenig Geld bei ihnen landet. Vielleicht kommen wir am Ende dieser Krise drauf, dass der Finanzminister die ganzen Hilfen auf ein falsches Konto überwiesen hat. Wenn er sich entschuldigt, werden wir ihm nicht böse sein, er macht das ja noch nicht lange.

Babyelefant?

Der Apple-Shop ist der neue Baumarkt oder der neue McDonalds, die neue Germ oder das neue Klopapier. Wer gestern durch die Wiener City ging, kam ins Staunen. Vor dem Apfelladen, dem ersten, der in Europa aufmachte, hatte sich nicht eine Warteschlange gebildet, sondern es schlängelten sich gleich zwei um das Haus in der Kärntner Straße herum. In der linken Reihe mussten sich alle anstellen, die sich spontan zu einem Besuch entschlossen hatten, in der rechten jene, die einen Termin hatten, beide waren fast gleich lang. Am Boden waren Haltelinien aufgebracht, Babyelefanten hätten aber Platzangst bekommen, denn nur wenige hielten sich an den empfohlenen Sicherheitsabstand. Vor dem Shop maßen Securitys bei jedem Kunden die Temperatur. Übrigens: Falls Sie spontan Lust auf einen Apfel bekommen haben: Den nächsten freien Termin für einen Besuch bei Apple gibt es erst wieder am 14. Mai. Brei hin oder her, es starten eben nicht alle mit gleichhoher Geschwindigkeit raus aus der Krise.

Mit Krisen hat die SPÖ so ihre Erfahrungen. Viele davon in den letzten Jahren waren hausgemacht, seit gestern hat man auch ein Gefühl warum das so ist. Die Partei schafft es wie keine andere (die Ibiza-Blauen vielleicht einmal ausgenommen), sich mit solch großem Engagement der Selbstverstümmelung hinzugeben. Da endet eine Mitgliederbefragung mit einem überraschend guten Ergebnis für die Spitzenkandidatin und es zeigt sich, dass sich überraschend viele Menschen an dieser Abstimmung beteiligt haben könnten. Einen Tag nach der eher patscherten Inszenierung dieses Erfolges, bleiben unterm Strich Schummelvorwürfe, Intrigen, Geheimniskrämerei, eine Krisenfeuerwehr, die mehr anheizt als löscht. Heute muss sogar ein Notar das Ergebnis überprüfen.

Eine Mitgliederbefragung ist an sich kein Raketenwissenschaft. Sie von Parteifirmen oder parteinahen Unternehmen durchführen zu lassen, erscheint nicht rasend mutig. Eine Wahlkommission mit zwanzig Personen zu nominieren, deren Namen aber geheim zu halten, erscheint nicht rasend logisch. Dass sich fünf der 14 beim Parteivorstand anwesenden Mitglieder dieser Wahlkommission gegen die Art der Durchführung der Wahl stemmten, erscheint nicht rasend professionell. Dass dies an die Medien durchsickerte, erscheint nicht rasend loyal. 

Die Versicherung, dass die Parteispitze erst am Tag der Verlautbarung vom Ergebnis erfuhr, erscheint nicht rasend glaubwürdig. Vom 28. April an war ausgezählt worden, das Wiener Parteiurgestein Harry Kopietz hatte die Aufsicht. Und keiner hat niemandem etwas gesagt? Die Parteivorsitzende hatte per Zufall ein Programmpapier dabei, das per Zufall genau auf jenen drei Forderungen aufbaute, die Mitgliedern in der Befragung am wichtigsten waren? Rendi-Wagner will erst kurz vor dem Parteivorstand das Ergebnis der Befragung erfahren haben (das in der Früh schon auf den Promillepunkt genau getwittert worden war). Und dann erdachte und verfasste sie in knapper Zeit spontan ihre Zukunftsansagen, um sie gedruckt dem Parteivorstand vorzulegen? Nun ja.

Comeback

Heute in einer Woche kehren unsere Kinder an die Schulen zurück. Also sie kehren nicht zurück, denn am ersten Schultag gibt es eine Lehrerkonferenz, aber am Montag darauf sollte es dann klappen. Seit gestern steht weitgehend fest wie es gehen soll: Als Erste sind die Volksschulen und die Unterstufen dran, sieben Schulwochen bleiben bis zu den Sommerferien. In diesen sieben Wochen werden die Kinder 16 Tage in der Schule sein. Vielleicht sind es auch nur 15 Tage, denn der 22. Mai ist ein Fenstertag, ein schulautonom freier Tag also, die Lehrer erscheinen freiwillig in der Klasse (oder eben nicht), so haben es Gewerkschaft und Ministerium vereinbart. Vielleicht sind es auch nur 14 Tage, denn auch der 12. Juni ist ein schulautonomer Fenstertag. Genau genommen könnten es auch nur 13 Tage sein, denn am 3. Juli bekommen die Kinder Zeugnisse, Präsenzunterricht gibt es keinen.

Am 29. Mai startet die Schule dann für Oberstufen, Berufsschulen und Polytechnische Schulen, aber auch da ist Lehrerkonferenz. Am darauffolgenden Montag kann es nicht losgehen, da ist Pfingsten, der Dienstag darauf auch frei, aber am Mittwoch erscheint die erste Gruppe zum Unterricht. In dieser und der darauffolgenden Woche sind die Kinder nur jeweils einen Tag in der Klasse und auch das ist nicht sicher, denn der 12. Juni ist ein Fenstertag. Und so ergibt es sich, dass die älteren Kinder der Gruppe A bis Schulschluss 11 Unterrichtstage haben, die Gruppe B 12 Unterrichtstage hat. Oder 10 bzw. 11 wenn schulautonom frei ist. Oder 9 bzw. 10 wenn man den Zeugnistag wegrechnet. Man wird sich sputen müssen, wenn man noch ein bisschen Lernstoff aufholen will.

Für die Eltern wird das keine Entlastung sein. Die Schulen können nämlich individuell festlegen, wie sie unterrichten. Im Wechsel eine Gruppe Montag bis Mittwoch, die andere Gruppe Donnerstag und Freitag. Oder wochenweise wechselnd. Oder jeden Tag wechselnd. Wenn Sie zwei Kinder haben, dann kann es passieren, dass immer eines daheim ist, wenn Sie einen Job haben, wird das eher schwierig. Sie können Ihre Kinder natürlich auch in die Schulbetreuung geben, dann aber sitzen sie eventuell den ganzen Tag im Turnsaal herum und das vielleicht sogar am Boden. Weil man in den Klassen mehr Möbel braucht – Babyelefant – werden Tische und Bänke in den Schulen knapp. Vielleicht sollten die Kinder die Möbel einfach von daheim mitnehmen.

Verbringen Sie ein wunderbares Wochenende, so lange Sie noch Möbel daheim haben. Es soll recht schön werden, auch wärmer. Aktivisten von „Fridays For Future Austria“ campieren nun eine Woche lang vor dem Bundeskanzleramt. Seit Corona ist es um den Klimaschutz recht still geworden. Das wird sich ziemlich rasch wieder ändern, vermute ich. Die angespannte wirtschaftliche Lage dürfte die Debatten hitziger machen. Dass ein grüner Vizekanzler nun an der Rettung der AUA maßgeblich mitwirken will und mitwirken muss, zeigt das Dilemma von Umweltschutzpolitik auf. Das hilft kein Plexiglas. Bis Montag, wenn sie mögen!

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