Eine Frage der Ehre
Ein Jahr nach Ibiza, wird die darstellerische Leistung von Heinz-Christian Strache endlich angemessen honoriert.

Ich glaube, dass Heinz-Christian Strache bald Professor wird. In fünf, sechs Jahren könnte es soweit sein. Bundespräsident Norbert Hofer wird bei der Ernennung eine sehr schöne Rede halten. Er wird bedauern, dass er in Ibiza nicht dabei sein konnte, er wäre bei der Flugshow in Pinkafeld unabkömmlich gewesen, aber es soll sehr launig gewesen sein, wurde ihm gesagt. Auch habe er gehört, wird der Bundespräsident anfügen, dass Professor Heinz-Christian Strache auf der Insel interessante Leute kennengelernt habe, das Treffen diente dem Land und der Völkerverständigung, man konnte sich austauschen und Visionen entwickeln, unmittelbar danach war nicht jeder in der Lage das richtig zu deuten, nicht jeder Geist ist Geistes Kind genug geistvoll sein zu können.
Eine Band unter der Leitung von Kammermusiker John Otti wird ein paar Lieder spielen, „Blue Moon“ wird dabei sein und Falco natürlich, den hat der Professor Heinz-Christian Strache besonders ins Herz geschlossen, für den Anlass hatte er sich „Out of the dark“ gewünscht. In seiner Rede wird der Herr Professor versöhnliche Worte finden. Er trage seinen politischen Gegnern nichts nach, wird er sagen. Natürlich sei er stolz darauf, die Privatisierung des österreichischen Wassers verhindert zu haben, da seien klare Worte in der spanischen Finca bitter nötig gewesen.
Auch die nachhaltige Finanzierung der „Kronen Zeitung“ sei ihm damals, wie man heute weiß, ein Anliegen gewesen, auch auf so manche Korruptions-Sümpfe habe er hingewiesen, sie seien nach und nach trockengelegt worden. „Ich freue mich sehr“, wird Professor Heinz Strache gegen Ende hin sagen, „dass es der Republik gelungen ist, die Finca auf Ibiza zu erwerben und ein Heinz Christian Strache-Museum daraus zu machen“. Man müsste das jetzt natürlich umtaufen und es Professor Heinz Christian Strache-Museum nennen, aber da bestehe keine Eile, auch Sponsor Red Bull zeige keinerlei Anzeichen von Ungeduld.
Wenn Philippa Strache dann die Tage darauf in Klosterneuburg einkaufen geht, dann wird der Fleischhauer zu ihr Frau Professor sagen, weil in Österreich Titel immer familienweise verliehen werden, nur die Kinder gehen leer aus, ich fand das immer schon ungerecht.
„Frau Professor“, wird der Fleischer also sagen, „ein Kilo Schweinernes wie immer?“
„Ja bitte“, wird die Frau Professor antworten, „aber schön durchzogen bitte, so mag es der Herr Professor am liebsten“.
Über ihre Lebenspartner sprechen die Österreicher Dritten gegenüber sehr gerne unter Beiziehung von Titeln, auch das ist eine Besonderheit. Ebenso, dass auf Grabsteinen nicht vergessen wird, wenn der oder die Verblichene Kommerzialrat, Oberstudienrätin oder Rauchfangkehrermeister war, vielleicht denkt man, das sichere im Himmel bessere Plätze, sorge für schnelleren Einlass und böte eventuell die Chance, Gott schneller mit Du anreden zu dürfen.
„Ich weiß, liebe Grüße an den Herrn Gemahl, er darf ja leider immer noch nicht selber einkaufen gehen oder?“, wird der Fleischer fragen.
„Er gehört leider zu einer Risikogruppe. Raucher, sie verstehen?“
„Natürlich. Schönen Tag, Frau Professor“.
„Ihnen auch, Herr Fleischermeister“.
Das ist natürlich Blödsinn, Strache wird nicht Professor, er bekommt höchstens das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern verliehen. Ah, okay, das hat er schon. Nun gut, er müsste es jetzt noch einmal erhalten, denn was der frühere Vizekanzler und nunmehrige Teamleader des „Teams HC“ dieses Wochenende zustande brachte, das verdient wirklich Respekt. Am Jahrestag des Ibiza-Videos am Cover der mit Abstand leserstärksten Zeitung des Landes zu sein und dann auch noch im Hauptabendprogramm des mit Abstand seherstärksten TV-Senders zu landen, das ist schon eine anerkennenswerte Leistung. Du hast kein Amt, deine Partei ist in keinem Parlament, keinem Landtag vertreten, aber überall tauchen plötzlich rote Teppiche auf, deinen Nachfolgern wird nicht einmal ein Bettvorleger ausgelegt.
Ehe Strache auf der Couch von Claudia Reiterer Platz nahm, ging er mit Edda Graf spazieren. Die Redaktionsleiterin der „Krone bunt“ interviewte den ehemaligen FPÖ-Chef und er durfte auf den vier Seiten alles sein, vorrangig natürlich Opfer von allerlei: Kriminellen, die ihm „Ecstasy in Tropfen oder liquides Kokain“ untergejubelt hätten („das hat man mir offensichtlich ins Red Bull getan“), bösen Journalisten (das Video sei „mit 13 verschiedenen Schnitten manipulativ zusammengestückelt“ worden), sich selbst („es war einfach nur zum Genieren, einfach nur peinlich“). Aber: „Ich habe mir ja nichts vorzuwerfen. Ich habe nichts zu verbergen“, erteilte sich Strache recht rasch selber die Absolution, nicht ohne zu erwähnen, welches Kreuz er sich vor Monaten aufgeladen hatte. „Der Rücktritt war eine irrsinnige Zäsur. Es hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen“. Ich kann nur so viel anmerken: Uns hat es beim Anschauen sogar die Schuhe ausgezogen.
Als das Video am Freitag den 17. Mai 2019 ins Netz gestellt wurde, saß Strache mit seinem Team zusammen, erzählt er, auch seine Frau war dabei. Dass er den Lockvogel, die vermeintliche Oligarchennichte, „schoarf“ nannte, scheint Philippa unschoarf gefunden zu haben. Im Interview versucht Strache einen Stunt, er will nicht „de ist schoarf“, sondern „des is schoarf“ gesagt haben, es wäre also keine persönliche Innenansicht der Außenansicht der vermeintlichen Russin gewesen, sondern habe sich auf die bereitgestellten Getränke bezogen, aber das glaubt ihm nicht einmal seine Frau und die glaubt ihm offenkundig viel oder tut zumindest so. „Na ja, das Red Bull wirst du nicht gemeint haben,“ wirft sie lapidar ein und für den Herrn Professor in spe stürzt in diesem Moment ein Kartenhaus ein. Er wird es wieder aufbauen. Seine Kumpels von der früheren „DAÖ“ werden ihm schon unter die Arme greifen.
Pretty in pink

Was Heinz-Christian und Philippa aneinander haben, wird später im Interview klar. Da bestätigt der frühere FPÖ-Chef nämlich eine „Heute“-Geschichte, die er bis dahin immer heftig dementiert hatte. Das Engagement seiner Ehefrau bei den Blauen war nämlich tatsächlich nicht so ehrenamtlich wie man landläufig ein Ehrenamt verstehen könnte. Natürlich, es war schon eine Ehre, das Ehrenamt einer Social-Media-Betreuerin in der FPÖ ausüben zu können, diese Ehre aber wurde mit 9.000 Euro im Monat abgegolten, was durchaus ehrenvoll war, wenngleich Strache findet, die Gage wäre etwas knapp bemessen gewesen. „Den Job hätten sonst drei andere machen müssen“.
Diesen drei anderen wäre für gestern vielleicht auch ein besserer Gag eingefallen. Für 18 Uhr, zum selben Termin also, an dem das Ibiza-Video online ging, hatte Straches neuer Generalsekretär Christian Höbart nichts weniger als die Ausstrahlung des Ibiza-Videos angekündigt. Wer glaubte, dass nun die vollständigen sieben Stunden zu sehen sein würden, hält wohl auch Bill Gates für den Mastermind von Corona und 5G-Handymasten ideal für die Verbreitung des Virus, er könnte sich im Umfeld des "Team HC" echt wohl fühlen.
Tatsächlich sah man einen sechs Minuten langen Film, Strache steht vor einem roten Vorhang, jede Sekunde rechnet man damit, dass er zur Seite gleitet und der Kasperl auftaucht, aber das passiert nicht. Strache wiederholt mehr oder weniger das, was ihm in der „Krone“ schon zu bunt war, diesmal halt als Bewegtbild. Er sei in einem „privaten Urlaub“ in eine Falle gelockt worden, das Video „zusammengeschnitten“, also manipuliert, die Macher „Kriminelle“. Er habe nichts Illegales getan. Höhepunkt am Ende: Strache sagt, er könne sich „jeden Tag mit gutem Gewissen in den Spiegel schauen“ und in diesem Moment dreht er sich nach links und schaut sich tatsächlich in den Spiegel, ob mit gutem Gewissen oder nicht, ist nicht zu sehen, denn das Gewissen, ob gut oder schlecht, offenbart sich nur gewissen Leuten, nämlich solchen, die auch wirklich ein Gewissen haben.
Wo is der Nackerte?

Am Abend des Tages seiner Wiederauferstehung erstand Strache dann auch im ORF wieder auf, der Einfachheit halber durfte er sich selber einer qualifizierten Beurteilung unterziehen, es ging um „Politik und die Qual der Moral – was bleibt vom Sündenfall Ibiza“. Wolfgang Peschorn, Innenminister der Übergangsregierung, war da, dazu Irmgard Griss, ehemalige Präsidentin des Oberstes Gerichtshofes und Neos-Abgeordnete, und der Politologe Peter Filzmaier, aber man hätte auch ein paar hübsche Blumenarrangements statt ihnen hinstellen können, nicht weil die drei nichts zu sagen hatten, im Gegenteil, es gehörte nur nicht zur Diskussion. Also es gehörte schon zur Diskussion, es war das eigentliche Thema, aber Strache und Moderatorin Claudia Reiterer bogen in eine eigene Debatte ab und streng genommen hätte man spätestens da zwei Talkshows daraus machen müssen, eine hätte in ORF 2, eine auf ORF III oder Sport plus laufen können, viel Sport ist momentan ohnehin nicht.
Zu Beginn ging es um die Moral, jeder war dafür, eine solche zu haben, auch Strache, ganz besonders Strache. Er wollte dann über das Video reden, weniger über die Moral, der Nachteil der Debatte war, dass man das Video nicht eingeladen hatte, also keinen, der es kannte. Also redeten alle über einen Abwesenden, genau genommen redeten hauptsächlich Reiterer und Strache, um Zeit zu sparen häufig gleichzeitig, der Beitrag der drei übrigen Eingeladenen beschränkte sich aufs Kopfschütteln. So lief das dahin, irgendwann warf Peschorn ein, dass er nicht hierhergekommen sei, um „dem Herrn Strache zuzuhören“, aber dafür war es nun zu spät.
Parkanlage

Lässt sich Covid-19 eigentlich totklopfen? Wir wissen ja nach wie vor recht wenig über Corona, dabei wäre das gerade jetzt so wichtig. Wenn man dem Virus also zum Beispiel mit dem Schnitzelpracker einen so richtig mitgeben könnte, dann würden wir vielleicht mit einem besseren Gefühl in die Restaurants gehen und uns dort sicherer fühlen. Wenn das Virus aber vom Klopfen nur Kopfweh bekommt, ein Aspirin nimmt und dann wieder voll da ist, dann haben wir eine ganz andere Situation, ich denke, man sollte das einmal genauer untersuchen, auch ein „Im Zentrum“ mit Professor Strache darüber wäre schön.
Am Wochenende waren die Lokale erstmals seit Wochen wieder offen und sie wurden gestürmt oder waren leer, wir lasen beides. In Österreich gibt es ja seltsamerweise nie etwas dazwischen, es ist immer entweder oder. Entweder ein Ansturm oder das genaue Gegenteil, Ansturm oder Salzsäule. Die Möglichkeit, dass einfach ein paar Menschen ganz ruhig und gesittetet in Lokale gehen, ist offenbar in der Verfassung nicht vorgesehen. Ansturm oder Salzsäule. Ich verstehe nicht, warum unser Bundespräsident die Verfassung schön nennen kann, wenn die solche Lücken hat.
Ich wünsche einen wunderbaren Start in die Woche. Sie beginnt mit einem Experiment, die erste Hälfte der Hälfte der österreichischen Schülerinnen und Schüler kehrt in die Klassen zurück, die diesbezüglichen Vorschriften lesen sich wie das Pflichtenheft für die Herstellung eines Rasterelektronenmikroskops. Vielleicht verliere ich morgen ein paar Worte darüber, wenn ich vorher ein paar finde.
Die Woche beginnt auch mit einem weiteren Ringen um den Fortbestand der AUA. Sind Staatshilfen sinnvoll und wenn ja bis in welche Höhe sind sie moralisch vertretbar? Die Flugzeugbranche wurde von Corona hart getroffen, die Aussichten sind eher düster. 72 Prozent aller Flugzeuge in Europa sind momentan dauerhaft geparkt, berichtet die Webseite aerotelegraph.com, in den USA sind es 39 Prozent, allein am Pinal Airpark in Arizona sind 256 Maschinen abgestellt und das sehr ordentlich wie Fotos zeigen.
Ach ja und falls sie sich fragen, was es mit dem Bild von den Politikern auf sich hat, die dastehen wie Kegel. Nun es entstand bei der Landeshauptleute-Konferenz und die Verwendung in diesem Blog erfolgt vordergründig ohne Hintergedanken, es ist einfach ein originelles Foto. So ist das halt im Leben. Nicht alles, was schön ist, ergibt Sinn, nicht alles, was Sinn ergibt, ist schön.
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