Na dann Prost!
Strache auf der Alm, Hofer in der Jahnturnhalle, der Amtsschimmel beim Wiehern

Jetzt wird es eng für Corona in Österreich, denn nun werfen wir unsere schärfste Waffe in die Schlacht, unsere Bürokratie, Gott hab sie selig. Mit dem hat das Virus sicher nicht gerechnet. In ein paar Tagen wird es irgendwo am Boden hocken und lauthals plärren. „Wenn ich gewusst hätte, wie das ist bei euch in Österreich, dann hätte ich einen großen Bogen um dieses wunderbare Land gemacht“, wird es wimmern. „Wollt ihr mich nicht wenigstens noch ein paar Leute anstecken lassen?“ Aber wir werden knallhart bleiben, mindestens so knallhart wie unsere Politiker vor Wahlen, wenn teure Wünsche an sie herangetragen werden, sie diese aber allesamt brüsk zurückweisen, selbst wenn es um die Pensionen geht.
Eine Wiener Studentin, 23 Jahre alt, flog mit ihrem Vater auf ein Wochenende nach Rom. Man packte die falschen Sachen ein, es war kühler als gedacht, die beiden handelten sich eine Verkühlung und leichtes Fieber ein. Als Vater und Tochter zurück in Wien waren, suchten sie ihren Hausarzt auf, der gab Entwarnung bezüglich einer Corona-Infektion, riet aber zu ein paar Tagen Schonung. Alles gut.
Am nächsten Tag kamen dem Arzt Zweifel, er rief die Wiener an und empfahl: Einer der beiden sollte sich zur Sicherheit doch im Kaiser-Franz-Josefs-Spital untersuchen lassen, das ginge schnell. Die Tochter erklärte sich bereit dazu, Dienstag holte sie am Vormittag ein Rettungswagen ab und brachte sie ins Krankenhaus. Das Ergebnis für die Proben aber war nicht so rasch da wie gedacht, sondern es dauerte bis Mitternacht. Die lange Wartezeit musste die Studentin auf der Isolierstation verbringen, Panik kam auf.
All in all you´re just another brick in den wall

Der Test war negativ. Heim konnte die 23-Jährige aber nicht, denn aus dem Spital kommt man nur so raus wie rein, im Rettungswagen nämlich und es war keiner mehr verfügbar, also musste sie bis 6.30 Uhr warten. Wer glaubt, die Geschichte endet hier, lebt nicht in Wien, wo es zwar auch in Zukunft keine Polizeipferde geben wird, Amtsschimmel aber sehr wohl und die wiehern so laut, dass man darüber nachdenken könnte, das Coronavirus damit in die Flucht zu schlagen, einen Versuch wäre es wert.
Es begann damit, dass sich das Gesundheitsamt bei der gesunden Patientin meldete und ihr am Telefon mitteilte, dass sie zuhause bleiben müsse, obwohl ihr Test negativ war. Sie dürfe aber jeden Tag 15 Minuten raus, um Besorgungen zu machen, dabei müsse sie allerdings immer eine Maske tragen. Sollte sie unerlaubt weggehen, würde sie gestraft werden und hafte für weitere Infektionen, die sie verursache, oder auch nicht. Die Studentin war den Tränen nahe.
Kurz darauf meldete sich das Gesundheitsamt erneut und teilte mit, dass es der 23-Jährigen nun doch keinen Quarantäne-Bescheid ausstellen könne, da die Frau ja nicht in einer Krisenregion gewesen wäre. Wie man das regeln wollte, klärte ein weiterer Anruf. Sollte nämlich ganz Italien zur Krisenregion für Corona erklärt werden, etwa heute, dann bekäme sie rückwirkend einen Quarantäne-Bescheid. Ich finde es allerliebst, dass in diesem Land eines immer eingehalten wird, egal was passiert und was vor sich geht – der Amtsweg.
Übrigens: Der Vater, der ebenfalls in Rom war, sich ebenso verkühlt hatte wie die Tochter und auch leichtes Fieber hatte, der aber nicht ins Spital ging und sich nicht testen ließ, bekam keinen Anruf vom Gesundheitsamt. Er muss auch nicht daheimbleiben, er kann den ganzen Tag raus, auch ohne Maske, alles straffrei. Schön oder?
Manchmal aber verfällt selbst der Amtsschimmel ins Galoppieren, was dann besonders die anderen Amtsschimmel irritiert. Gestern war es wieder einmal soweit. Eine Wiener Lehrerin klagte über Schnupfen, ging ins Krankenhaus und informierte ihre Schule. Dreieinhalb Stunden später stellte sich heraus: Blinder Alarm. Aber in der Zwischenzeit hatte das Unterrichtsministerium, oder das Innenministerium, oder das Gesundheitsministerium, oder das Umweltministerium, oder der Kanzler, oder jemand aus dem Krisenteam, oder einer der Portiere eines Ministeriums die Polizei losgeschickt und die sperrte die Schule ab. 600 Kinder saßen fest, ihre Eltern erfuhren nichts, auch nicht der Wiener Gesundheitsstadtrat, der sich darob begeistert zeigte und von einer „Cowboy-Aktion“ sprach und das am Tag nach dem Faschingsende. Ich finde, ein paar weitere Gremien täten dem Krisenmanagement nicht schlecht.
Auf geht´s Buam!

Knie oder nie

Almrauschen

Der Aschermittwoch ist traditionell ein Tag, an dem jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird. Das ist vor allem in Reden sinnvoll, hier spielt auch die Betonung eine große Rolle. Wer dabei Fehler macht, kann für grobe Irritationen sorgen. Beim Lesen ist das Textverständnis einfacher. Ich demonstriere das an einem Beispiel – „Kaffeetisch“. Beim Leser simpel, kapiert jeder. Verwendet man das Wort in einer Rede, kann man zweierlei hören, „Kaffeetisch“ oder „Ka Fetisch“, je nach Betonung. Man muss also höllisch aufpassen, was man redet und wie.
Dessen waren sich alle, die gestern am politischen Aschermittwoch etwas zu sagen hatten, oder das zumindest glaubten, sicherlich bewusst. Es gab fünf Reden, eigentlich nur viereinhalb, denn der Auftritt von „Linken“-Ikone Gregor Gysi im Schloss Puchberg in Wels, organisiert von der Initiative gegen Faschismus, war mehr ein Interview. Die Grünen und die Türkisen ließen aus, die SPÖ versuchte sich an zwei Orten in dieser Disziplin. Gewerkschafter Josef „Beppo“ Muchitsch sprach in Apetlon, der frühere SPÖ-Geschäftsführer Max Lercher wählte einen Stadl in Judenburg, um gegen die eigene Partei („es tut weh, wie es gerade ist“, „Geschwurbel“), vor allem aber gegen die Regierung anzureden. Wäre Kanzler Kurz auf einer Dating-Plattform, rief Lercher in den Saal, dann wäre er ein gekennzeichneter Hochrisikokandidat, bei dieser Halbwertszeit seiner Regierungen. Nun gut.
In Wien ging der Aschermittwoch gestern auf Krücken. Heinz-Christian Strache hatte sich beim Skifahren das Knie verletzt, ist nun operiert und hatschte gestern in die Prater Alm, seine Rede hielt er im Sitzen. 150 Fans waren gekommen, für 20 Euro gab es Speis und Trank, Heringsschmaus und Kasspätzle, zubereitet von einem dunkelhäutigen Koch. Die Prater Alm ist ein Gebäude wie sich die Wiener halt eine Skihütte so vorstellen, alles so uriges Holz und lange, urige Sitzbänke und das Personal trägt urige Tracht und lacht urviel, es fehlt nur der Skilift vor der Tür und Schnee wäre nicht schlecht, SUVs gibt es in Wien ja genug. An der Wand der Hütte hingen gestern übrigens Hammer und Sichel. Ehe jemand auf die Idee kommt, die FPÖ-Rebellentruppe von der DAÖ wäre etwas nach links gerutscht, ging es mit den Reden los und die zerstreuten jeden Zweifel.
Hilfe von oben

Es ist ein Kreuz

Zunächst aber spielten noch die „Wienerwald Buam“ ein paar urige Sachen, junge Männer verteilten etwas, das sie „Zettel“ nannten, tatsächlich waren es Mitgliedsanträge für die „DAÖ“, Straches neue Homebase. Dann fiel der Strom aus, aber nur urkurz. Jubel brandete auf, der bummvolle Saal erhob sich und klatschte und rief „HC HC HC“, was der HC offenbar hörte, denn er eilte an Krücken auf die Bühne, so schnell es eben ging und es die Selfies zuließen, verschwand dort hinter einem Rednerpult, das aussah wie ein Kreuz und auf dem ein Bierglas stand, das er später leeren sollte und zwar ganz.
Strache sprach 78 Minuten und er machte klar, was vorher schon klar gewesen war. Er tritt in Wien an. „Ich werde euch nicht länger auf die Folter spannen“, sagte er, ohne darüber nachzudenken, dass für manche eher eine Folter war, was nun folgte. „Es wird einen Neustart mit mir geben, mit einer neuen, freiheitlichen Bewegung bei der Wienwahl. Wer, wenn nicht ich, kann ein ernst zu nehmender Gegner für Michael Ludwig sein?“ Ehe die Anwesenden ins Grübeln kommen konnten, wer „ein anderer ernst zu nehmender“ Ludwig-Gegner sein könnte außer Strache, schlug Strache mit der groben Pranke zu. Wien („politische Dauerbaustelle“), Ludwig („stilles, abgestandenes Wasser“), die Grünen („ich werde alles dazu beitragen, dass bei der Wienwahl die Hälfte weg ist“), zuletzt Haider („er hat die Partei verlassen, ich wurde von ihr verlassen“). Jubel, wieder Selfies, Umarmungen. 150 Wähler hat Strache schon.
Ein Bier nach vier

Es muss für Norbert Hofer bitter sein. Als Chef einer 16-Prozent-Partei hielt er in der Jahnturnhalle vor 2.000 Blauen seine Premierenrede (selbst geschrieben, nicht gekickelt), sie dauerte 64 Minuten, aber alle interessierten sich für den künftigen Spitzenkandidaten einer gegenwärtigen 0-Prozent-Partei. Dabei gab es die FPÖ in Ried billiger, hier kostete der Heringsteller samt Getränk nur 15 Euro.
Hofer versuchte sich in Kickl, war schärfer als Strache in Wien. Das „Projekt Kurz“ bezeichnete er als „hohle Nuss“, kriminellen Ausländern wünschte er Haft daheim, da gäbe es keine „Kuschelzellen“, Greta nannte er „missbraucht von einigen Herrschaften“. „Was ist der Unterschied zwischen einem Theater und der türkis-grünen Bundesregierung?“, fragte er dann. „In einem Theater werden gute Schauspieler schlecht bezahlt“. Gelächter. Hofer lobte Orban, hielt eine Brandrede fürs Autofahren und Fliegen und Motorradfahren. Moderne Fahrzeuge würden „vorne mehr Feinstaub einsaugen als hinten rauskommt“. Strache erwähnt er mit keiner Silbe.
Nein, ich mache jetzt nicht den Schmäh, dass bei Ihnen heute auch vorne mehr eingesaugt werden möge als hinten rauskommt. Einen wunderbaren Donnerstag aber wünsche ich Ihnen schon.
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