„Servas die Buam“

Ein neuer Mann für die „ZiB1“, ein Handschlag, der im Kanzleramt schiefging und eine Flitzerin beim Nachtslalom. Krawutzi kaputzi.

Ich weiß nicht warum, aber Tobias Pötzelsberger erinnert mich ein bisschen an Heinz Conrads. Die Jüngeren, also alle unter 70, werden sich jetzt fragen: „Conrads, wer?“ Hat der zuletzt mit Kollegah was gegrammt? Da es in Österreich aber kaum Leute unter 70 gibt, kann ich die Erklärung kurz halten: Heinz Conrads hatte über viele Jahre eine Samstagabend-Show im ORF-Fernsehen (1957 bis 1986) und jeden Sonntagvormittag eine ORF-Radiosendung (von 1946 bis 1986), die von allen gehört wurde, da jede andere Ablenkung fehlte, vom sonntäglichen Kirchgang einmal abgesehen.

Nur damit man die Dimensionen begreift: Die Radiosendung begann um 8.15 Uhr und hatte 1,2 Millionen Hörer. Im Radio. Am Sonntag. 1,2 Millionen. Das führte dazu, dass die Namen der Pianisten von Conrads, etwa Gustav Zelibor oder Herbert Seiter, der Öffentlichkeit fast geläufiger waren als jene der jeweiligen Kanzler. Sebastian Kurz hätte damals jeden Sonntagvormittag im Radio am Konzertflügel improvisieren müssen, um einigermaßen bekannt zu bleiben. Statt „Für Elise“ hätte er halt „Für Werner“ gespielt.

Ein Schiff wird kommen

Legendär war die Begrüßung von Conrads, die er dem damaligen Standard der message control entsprechend immer gleich hielt. Wenn also Tobias Pötzelsberger, der dem jungen Conrads sogar entfernt ähnlich sieht, demnächst in der „Zeit im Bild 1“ auftritt, dann wird er eventuell sein Publikum so willkommen heißen: „Guten Abend die Damen, guten Abend die Herren, guten Abend die Madln, Servas die Buam“. Er wird zwinkern, sich dann nach dem Wohlbefinden der Seherschaft erkundigen und den Kranken Trost spenden, ehe er sich dem Geschick der Koalition oder einer Krise im Ausland zuwendet. Das wird am Anfang vielleicht für etwas Verstörung sorgen, aber man gewöhnt sich in diesem Land recht schnell an alles, man muss nur an die vergangene Regierung denken.

Tobias Pötzelsberger wurde einem breiteren Seherkreis während der Ibiza-Affäre bekannt, ich wundere mich heute oft, wie in diesem Land Karrieren gestartet oder beendet wurden, ehe es das Video gab. Der gebürtige Oberösterreicher moderierte mehr oder weniger einen ganzen Tag durch, zehn Stunden lang bis auf eine Stunde Pause, glücklicherweise hat die Gewerkschaft nicht mitgestoppt. Er sah jedenfalls auch gegen Ende hin aus, als hätte er sich eben fein zurechtgemacht, um der Schwiegermutter zum Geburtstag zu gratulieren, nur die Schlüsselblumen fehlten. Nun übernimmt er ab Ostern gemeinsam mit Susanne Höggerl die Moderation der ZiB1, Tarek Leitner und Nadja Bernhard bleiben als zweites Paar (oder erstes, da muss man sensibel sein), Johannes Marlovits wechselt hinter die Kamera. Es wird sehr schön.

Pötzelsberger ist ein Musikus, auch das ist eine Parallele zu Heinz Conrads, es kursiert im Internet ein Video davon. Er tritt mit Band auf, die offenbar „The More or The Less“ heißt, es ist auch mehr oder weniger eher eine getragene Nummer, die gespielt wird, sie heißt „Ms Anderson“. Pötzelsberger singt und tut irgendwas an der Gitarre, aber ich glaube er trägt instrumental mehr oder weniger nicht viel zum Gesamtklang bei. Irgendwann in der Mitte gestattet er in dem Video von der Halsseite her einen Blick auf sein Unterleiberl, es sieht aus wie das von Strache aus der Ibiza-Villa, in Österreich verläuft mehr oder weniger alles in Parallelwelten.

Irrtümlich gewählt

Heinz-Christian Strache lebt in einer dieser Parallenuniversen und das verwirrt viele, ihn am meisten. Er schreibt jetzt hin und wieder Texte auf Twitter und lässt die Welt teilhaben an seinen Visionen. Gestern etwa schlug er vor, die Entscheidung über Asyl in Richtung lokale Ebenen „zu verschieben“. Das würde „positiven Integrationsdruck entstehen lassen“. Den einmal regieren lassen, so eineinhalb Jahre, meinetwegen auch 17 Monate lang, das wäre was. 

Strache jedenfalls scheint verdrängt zu haben, dass er früher in der Zeit zwischen seinen Ibiza-Aufenthalten – so ein Video muss auch vorbereitet sein – hin und wieder in der Regierung vorbeischaute. Auf den Einwand, er habe damals für „sofortige Abschiebung getrommelt“, reagierte er gestern überraschend nicht mit einem Schwall an Beschimpfungen, Spott und Hohn, sondern er schrieb: „Meine Ansichten entwickeln sich stetig weiter, da wird in Zukunft noch mehr Differenziertes auch zu anderen Themen von mir kommen“. Als die drei Daltons von der DAÖ das lasen, gingen die ersten Mails mit dem Ersuchen um Angebote für das Schreddern von Autogrammkarten raus.

Der Dienstag war überhaupt ein Tag, in dem man in Österreich Verblüffendes erleben konnte, aber wann ist das anders? Zunächst wurde Norbert Hofer irrtümlich in den burgenländischen Landtag gewählt. Er stand auf dem letzten Platz der Wählerliste, erhielt aber so viele Vorzugsstimmen, dass er auf den zweiten Rang rutschte, dafür reichen im Burgenland 902 Stimmen. Den bisherigen Parteichef Johann Tschürtz erschreckte das so, dass er zurücktrat und Alexander Petschnig Platz machte, der eigentlich Kärntner ist und unter Jörg Haider diente, aber seien wir ehrlich – Kärnten, Burgenland, was Gott durch die Südautobahn verband, soll der Mensch nicht trennen.

Hofer („Nun bin ich in den Landtag gewählt worden. Das war eigentlich nicht geplant...“) verzichtete dann doch auf sein Mandat, es ist aber wirklich eine steile Karriere, die er da hinlegt. Eben noch fast in der Hofburg, jetzt fast Hinterbank in Eisenstadt. 

Langsam woch's ma z'am

Als Hofer demissionierte, versuchten Arnold Schwarzenegger und Sebastian Kurz gerade im Kanzleramt das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen. Auch das geriet nicht so simpel wie man sich das vorstellen könnte. Die beiden wollten sich begrüßen, wählten dafür aber zwei unterschiedliche Varianten. Arnie wollte dem Kanzler einfach nur die Hand schütteln, Kurz dagegen den Buddy raushängen lassen und den coolen Besuch aus Hollywald besonders lässig willkommen heißen, also eine Art „Homie“ machen, wie wir Rapper das nennen. Das Ergebnis war, dass sich die Hände der beiden Haudegen nicht trafen. Arnie fuhr unten ins Leere, Kurz oben. Einen Moment Verblüffung, die Finger der beiden schauten verschreckt um sich, berieten sich kurz hektisch und riefen sich dann eine geheime Parole zu, worauf sich die Pfote von Kurz und die Pfote von Arnie in der Form eines ultracoolen „Mini-Homie“ trafen. Ich denke RAF Camora hat sich die ganze Nacht über die Videos davon in Zeitlupe angeschaut. Als Rapper musst du immer vorne dabei sein, okay bros?

Im Glück vereint

Ob Kurz heute zu Beginn der Regierungsklausur auch alle mit einem „Homie“ begrüßt, weiß ich nicht. Ich nehme an, das Ministerinnen-Quintett hat die Dirndln vom Jägerball inzwischen abgelegt, die spontanen Fotos, an deren Entstehung sicherlich nicht, wirklich nicht, mehrere Tage lang gearbeitet worden war, gerieten aber auch herzallerliebst. Heute geht es mit dem Bus nach Krems, vielleicht schaue ich einen Sprung vorbei, schließlich bin ich gespannt, ob es die Flitzerin, die gestern Abend den Nachtslalom in Schladming crashte, auch nach Niederösterreich schafft. Am besten ich halte Sie auf dem Laufenden.

Flitzen Sie in einen wunderbaren Mittwoch.

Alle bisherigen Blogs finden Sie gesammelt unter dieser Adresse

Bisher erschienen:
Die Teufelsaustreibung
Romeo und Julia
Strache, "ich war dabei"

Brot und Spiele
It´s my lei lei life!

Der Zug der Zeit

Der Hauch des Todes

... - .-. .- -.-. .... .

Inselbegabungen 
Big Bang für einen Big Mac

Auf einen Apfelputz beim Minister

Von Brüssel ins Fitness-Studio

"Es ist alles so real
"
"No words needed"
 
"So wahr mir Gott helfe"

Jedem Anfang wohnt ein Zauberer inne

Fotos: Helmut Graf, picturedesk, Andreas Tischler

"Kopfnüsse" abonnieren

* indicates required

Mit Anklicken der Checkbox stimme ich zu, dass die angegebenen Daten und meine IP Adresse zum Zweck der Zusendung der ausgewählten Newsletter per E-Mail verwendet werden. Diese Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden. Mehr Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

We use Mailchimp as our marketing platform. By clicking below to subscribe, you acknowledge that your information will be transferred to Mailchimp for processing. Learn more about Mailchimp's privacy practices here.