Glock Glock

Ein seltsamer Auftritt und eine eher derbe Frage: Hilft uns jetzt Scheiße aus der Scheiße?

Kann man 2021 eigentlich zurückgeben? Das Jahr ist ja fast noch neu, kaum benutzt, aber wirkt irgendwie schon gebraucht, auf willhaben wird sich schon wer finden, der es mag. Wer dachte, 2020 wäre die Hölle gewesen, merkt jetzt: Es loderte lediglich das Fegefeuer. Der Teufel wollte uns nur vorgaren, jetzt hat er ein paar weitere Holzscheite in den Ofen geschoben. Wir können ihm allerdings nur bedingt einen Strick daraus drehen. Wir hätten schon bei der Tür hinausgehen und davonlaufen können, aber wir sind oft sitzen geblieben und haben in die Glut geblasen, ganz fest, damit es schön brennt. Der Teufel hat uns applaudiert, das hat uns sehr gefreut.

Man fasst sich schon zuweilen an den Kopf in Österreich, schön für alle, die dabei nicht ins Leere greifen. Wir ducken uns in die Wohnungen, weil da draußen das böse Virus ist. Die Geschäfte geben Waren an die Kunden ab wie Trafikanten früher Pornoheftln. Wir rennen aus den Restaurants heim, damit die Burger nicht kalt werden, die Kinder kennen ihrer Lehrer nur mehr vom Hörensagen, aber in Tirol versammeln sich mitten im Auge der Pandemie Menschen aus halb Europa, um besser Ski fahren zu lernen. 17 mutmaßlich Infizierte gibt es nun in Jochberg bei Kitzbühel, alle könnten sich mit der gefährlichen Briten-Mutante des Virus angesteckt haben. Mit B117, bis vor Kurzem hätte ich gedacht, vielleicht heißt die Bundesstraße nach Fucking so, jetzt weiß ich es ist eine road to hell.

Bis zum 18. Dezember reisten die Teilnehmer nach Tirol an, sie kamen mit dem Auto, per Bahn oder im Flieger, der Großteil aus Großbritannien, vier Tage bevor wir die Flughäfen zumachten, aber eh nie so wirklich, eher mit Augenzwinkern, wie es halt so ist in Österreich. Die Briten strömten angeblich herbei, um eine Fortbildung zu absolvieren. Seltsam nur, dass die Profis vor Ort nichts von einem Kurs mitbekamen. „Der Tiroler Skilehrerverband hat in dieser Zeit in Jochberg weder eine Skilehrerfortbildung noch eine Skilehrerausbildung durchgeführt“, sagte Christian Abenthun, Geschäftsführer des Tiroler Skilehrerverbandes, gestern zur „Tiroler Tageszeitung“. „Geister-Briten von Tirol begeistert“, ich finde das ist eine hübsche Überschrift.

Vielleicht war es ja eher so: Der Kegelklub aus, sagen wir einmal Newcastle-under-Lyme, befand, Österreich wäre jetzt ganz nett, checkte sich ein paar Papierln, die aussahen als würden man ganz ernsthaft auf Fortbildung fahren, dann ging die Sause los für 38 Briten. Ich hätte dazu ein paar Fragen, eigentlich nur eine: Waaaarum? Angeblich sind die Grenzen zu und Reisen unfassbar kompliziert und Fliegen der Wahnsinn und nur wer eine wichtige berufliche Tätigkeit ausübt, darf herumfahren und sich ein Zimmer nehmen. Das wird ja sicher ganz streng kontrolliert, man will schließlich runter mit den Zahlen. Wie also erklärt man das alles den Menschen im Land, die sich unter Mühen an die Vorschriften der Serien-Lockdowns halten, während in Tirol britische Wannabe-Skilehrer die Hänge hinabwedeln? Wieder einmal müssen wir uns bei den Bananen entschuldigen, wenn wir Bananenrepublik genannt werden.

Alles schaut sehr unwirklich aus. Es ist als ob sich das Virus ein Jahr lang auf Reisen begeben hätte und jetzt wieder an den Ausgangspunkt zurückkommt. Wir schenkten der Welt Corona, jetzt schenkt uns die Welt Corona zurück. Ende Februar 2020 waren in Ischgl die ersten Fälle aufgetreten, nun ist Covid wieder in der Gegend, das Virus wird sich die Augen reiben und sagen: „Viel gelernt habt ihr nicht in der Zeit“. Vielleicht schaut Corona wieder in Ischgl vorbei, nimmt sich ein Zimmer und schreibt uns eine Ansichtskarte. Eine mit einem Augenzwinkern.

Die rund 1.500 Einwohner von Jochberg sollen sich nun alle testen lassen, freiwillig natürlich. Neun Kilometer entfernt beginnen in Kitzbühel am kommenden Wochenende die Hahnenkammrennen. Fünf Weltcup-Bewerbe an neun Tagen, ein Teil wurde von Wengen übernommen, weil es dort zu einem Corona-Ausbruch gekommen war. Glücklicherweise bei uns nicht.

Ungefähr genau

Aber vielleicht reißt uns jetzt die Scheiße raus. Das ist jetzt möglicherweise etwas direkt formuliert, aber man muss der Realität ins Auge sehen, auch wenn diese gar kein Auge hat. Es ist nämlich so: Abwasser-Proben sollen nun zur Erkenntnis führen, ob und wenn ja wie stark die Briten-Mutante schon in Österreich wütet. Die folgenden Zeilen werden eventuell ein bisschen grauslich, aber sind im Dienste der Wissenschaft verfasst und deren Wirkungsstätten sind manchmal eben auch Kläranlagen.

Aus Wasser lässt sich viel herauslesen. Aus der Donau etwa, welche Drogen derzeit in Wien oder in Linz oder in Passau vorrangig konsumiert werden, denn Spurenelemente davon landen auch in Flüssen. Was in Kläranlagen schwimmt, muss nicht näher beschrieben werden, jedenfalls scheiden wir mit unserem Stuhl auch abgestorbene RNA des Virus aus, wenn wir uns mit Covid-19 infiziert haben. Keine Sorge, ist nicht ansteckend, falls sie also demnächst zufällig in einer Kläranlage spazieren gehen, weil ihnen die Parks zu voll sind, es passiert nichts. Es ist übrigens auch wurscht, ob man eine Speichelprobe oder eine Stuhlprobe abgibt, ist überall weitgehend das gleiche drin, von den bedeutsamen Sachen halt. Klingt nicht gut, ist aber so. Die Testcenter in den Städten könnten also ganz anders aussehen, eher so wie riesige Toilettenanlagen, aber ich vermute, dann würden noch weniger Leute kommen, vielleicht aber mehr, eventuell zum Zuschauen. Ich verrenne mich etwas.

Ein Team aus Wissenschaftern unter Federführung der TU Wien und unter Beteiligung der Unis in Graz und Salzburg nimmt regelmäßig Proben in Kläranlagen und zwar schon seit längerem und überall in Österreich, vorrangig in größeren Städten. Dabei wird jeweils ein Liter Flüssigkeit entnommen und auf minus 80 Grad abgekühlt. Nicht nur der Pfizer-Impfstoff hat es gerne frostig. Die eingefrorenen Proben werden dann untersucht, seit Ende 2019 auch auf Covid-19. Erstaunlich früh, nämlich schon am 12. Dezember 2019, erfolgte die erste Testung, sie war noch „coronafrei“.

Seit Kurzem werden die Proben auch auf die Briten-Mutante des Virus „sequenziert“. Es wird also das Erbmaterial des Erregers bis ins kleinste Detail untersucht. Man wird bald wissen, wie stark B117 schon nach Österreich abgebogen ist, vielleicht rettet uns die Scheiße buchstäblich den Arsch. Jetzt drehe ich aber der unappetitlichen Sache die Kehrseite zu.

Oster-Erlass

Geimpft wird auch in Österreich, seit gestern Abend ist das Dashboard des Gesundheitsministeriums dazu online. Es verwirrt etwas, denn angeführt werden einerseits „geimpfte Personen“, andererseits „geimpfte Personen“, die Zahlen unterschieden sich gegen Mitternacht um 303 Personen. Es gab 52.925 „geimpfte Personen“ und 53.228 „geimpfte Personen“, bei der zweiten Zahl handelt es sich um eine „Live-Prognose“, ich habe ehrlicherweise keine Ahnung, was das heißen soll. Tatsächlich ist es ja so, dass nicht 52.925 Personen oder 53.925 Personen geimpft wurden, sondern bei der angegebenen Zahl handelt sich lediglich um die den Bundesländern zugestellten Impfdosen. Das Ministerium begründet das wie folgt: „Wenn Impfstoff in eine Einrichtung ausgeliefert ist, kann man davon ausgehen, dass dieser im Laufe des kommenden Tages verimpft wird.“ Wie viele Dosen also tatsächlich schon verabreicht wurden, weiß niemand.

In Niederösterreich wurde bisher am meisten zugestellt oder verimpft oder irgendwas dazwischen, im Burgenland am wenigsten. Die zeitversetzte Live-Prognose, Stand gestern Abend:
Niederösterreich 12.140 Dosen
Wien 9.435 Dosen
Steiermark 6.255 Dosen
Vorarlberg 6.210 Dosen
Tirol 5.945 Dosen
Salzburg 3.980 Dosen
Oberösterreich 3.845 Dosen
Kärnten 3.855 Dosen
Burgenland 1.260 Dosen

Soviel lässt sich sagen: Mit dieser Geschwindigkeit werden wir den Wettlauf gegen die Pandemie, vor allem gegen B117 nicht gewinnen, wir sind nicht einmal ein ernstzunehmender Gegner. Gestern langte die erste Lieferung von Moderna ein, dem zweiten zugelassenen Impfstoff. Mickrige 7.200 Dosen wurden geliefert, im Eiskühlschrank von Herba-Chemosan wäre noch Platz gewesen, etwa für etwas Tiefkühlspinat aus dem Marchfeld. 10.000 weitere Dosen sollen bis Ende Jänner kommen, der Spinat wird bleiben dürfen. Angela Merkel bekannte gestern ein: Bis Sommer werden wir nicht ausreichend Impfstoff haben. Das gilt wohl auch für Österreich. Das Licht am Ende des Tunnels wird von einem Kühlschrank sein, der geöffnet wurde, weil jemand Lust auf Spinat hatte.

Die deutsche Kanzlerin brachte gestern auch eine Verlängerung des Lockdowns um zehn Wochen, also bis Ostern, ins Spiel. Was das für Österreich bedeutet, ist unklar. Ob wir auch länger zusperren, die Schulen ab Montag in den Präsenzunterricht wechseln, oder erst nach den Semesterferien, und wenn ja, nach welchen, oder ob sie überhaupt noch später öffnen, vielleicht auch nie mehr, was mit der Gastronomie und den Geschäften passieren soll, ließ Gesundheitsminister Rudolf Anschober gestern im „Report“ offen. Alles werde „geprüft“, Antworten gäbe es „so schnell wie möglich“. Ich kann mich täuschen, aber Moderatorin Susanne Schnabl habe ich im Studio schon vor Glück strahlender erlebt.

Moderna Kühlschrank

Auch aus Kathrin Glock wurde man gestern nicht richtig schlau. Nach zwei Absagen und 2.000 Euro Beugehaft, ließ sie sich nun doch herab, beim „Ibiza-Ausschuss“ aufzutauchen, richtig Lust hatte sie auf den Termin aber nicht. Die Ehefrau des Waffenmilliardärs erschien bis auf die blonden Haare ganz in schwarz, Clutch, Tasche, Maske (sie trug gleich zwei übereinander), Hosenanzug, Stilettos, wo immer möglich prangte ein Glock-Logo. Die 40-Jährige wurde per Video in einem separaten Raum befragt, Wolfgang Sobotka hatte ihr das zugestanden, um eine Gefährdung der Gesundheit von Ehegatte Gaston (91) hintanzuhalten. Warum sie dafür eigens ins Parlament musste und nicht aus Kärnten zugeschaltet werden konnte, darf ernsthaft hinterfragt werden.

Die Show hielt weitgehend, was sie versprochen hatte. Kathrin Glock gab sich schnoddrig. Mit Verweis auf den langen Heimweg verbat sie sich eine Wiederholung von Fragen, alle 20 Minuten müsse das Fenster zum Lüften geöffnet werden. Norbert Hofer habe sie 2016 in einem Tierheim kennengelernt, der FPÖ-Chef bot ihr später einen Job im Aufsichtsrat der Austro Control an. Ihre Qualifikation solle man googeln, jedenfalls lasse sie sich „nicht wie ein Schulmädchen behandeln“. Offenbar auch nicht von Heinz-Christian Strache, der sie um eine Parteispende angeschnorrt hatte. Sie habe ihm nicht einmal geantwortet, sagte Glock.

Ich wünsche einen wunderbaren Mittwoch. Ich schaue mir heute das Büro von Martin Kocher an, es soll noch hässlicher sein als das von Werner Kogler, aber der Ausblick besser. Ich bin zum Interview mit dem neuen Arbeitsminister geladen, es wird ein Austausch auf Augenhöhe. Zumindest von der Frisur her.

Fotos:
Kathrin Glock: Picturedesk, Helmut Fohringer
Rudolf Anschober: Picturedesk, Georges Schneider, Tobias Steinmaurer
Angela Merkel: Picturedesk, action press
Moderna: Picturedesk, Hans Punz

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