Schweigen wie ein Wasserfall
Mein 5-Punkte-Plan gegen die Tristesse im Land – Urlaubsfotos. Besser hochgerechnet als es die SPÖ schafft.

Seit ich aus Island weg bin, bebt dort die Erde. Ich sehe keinen Zusammenhang, aber falls nun tatsächlich ein Vulkan ausbricht, biete ich mich gerne als Augenzeuge an, ich bin Experte in allem, auch Tränen sind gegen Aufpreis möglich. 1.526 Mal schepperte zuletzt innerhalb von 24 Stunden die Erde, die meisten Beben blieben schwach, aber immer mehr überschreiten die Marke 5,0, da bekommen erste Möbelstücke weiche Knie.
Der Vulkan Fagradalsfjall, 50 Kilometer südwestlich von ReykjavÃk, hat wieder Bauchgrimmen, sein letztes Unwohlsein liegt erst ein Jahr zurück. Vor zwei Wochen habe ich mich vor Ort nach seinem Gesundheitszustand erkundigt. Ich bin den kurzen, steilen Anstieg hinaufgewieselt, so als wär ich zum dritten Mal zwanzig. Wie gesagt, Augenzeuge. Auf mich wirkte der Fagradalsfjall ausgeglichen. Für ein TikTok-Video könnte ich mich allerdings dazu hinreißen lassen, mich auf der Flucht vor rotglühender Magma zu filmen, die Augen so weit aufgerissen, als bekäme ich gerade den Anti-Teuerungsplan der SPÖ präsentiert.
Island ist ein atemberaubend schönes Land. Im Sommer hat es höchstens 15 Grad, es ist untertags hell und in der Nacht nicht finster, Regen und Sonne wechseln alle fünf Minuten, hinter jeder Kurve entwirft sich die Landschaft neu. Platz dafür ist ausreichend, die Insel ist ein Viertel größer als Österreich, hat aber nur 366.000 Einwohner. Die Menschen sind etwas wortkarg, wirken schroff, das kann aber auch daran liegen, dass sie sich einer eigentümliche Sprache befleißigen, die kaum erlernbar erscheint. Auch einige Zugereiste, die seit Jahren im Land leben, haben aufgegeben, den anderen haben wohl die exorbitanten Preise die Rede verschlagen.
Die weite Welt ist hier weit weg, auch ihre momentane Enge. Die betörende Kulisse drückt Probleme weg, man lässt es gerne mit sich geschehen. Island hatte während der gesamten Pandemie 179 Covid-Todesfälle, in nur 15 Fällen waren die Betroffenen jünger als 60 Jahre alt. Aktuell gibt es pro Tag 166 bestätigte Infektionsfälle, 42 Menschen liegen im Spital, eine Person auf der Intensivstation. 82 Prozent der Bevölkerung sind vollständig geimpft. In den Supermärkten und in den Geschäften tragen Menschen Masken, oder auch nicht, niemand nimmt Notiz davon, keiner streitet, rauft, jeder tut wie er mag. In der Fremde erlebt man oft tatsächlich eine fremde Welt.
14 Tage Auszeit dauerte meine Auszeit, ich verzichtete weitgehend auf Medien, lebte nur vom gut Wegsehen und schlecht Hinhören, es hat wohlgetan. Ich will gar nicht viel mehr erzählen, sondern lieber schweigen und Sie alleine lassen mit ein paar Fotos meiner Reise. Es herrscht genug Mieselsüchtigkeit im Land, die Phantasie ein paar Minuten belastungsfrei spazieren zu tragen, könnte Labsal sein für Hirn und Seele, Vulkanausbrüche bietet der Alltag zur Genüge. Während ich also versuche, mich wieder mit den politischen Bodentruppen des Landes vertraut zu machen, darf ich Sie in eine Zauberwelt entführen, die voller Trolle ist, keiner davon hat ein Amt. Es ist mir Vergnügen und Anliegen.































