It`s my lei lei life!
Die einen haben Parkplatz-Scham, die anderen keinen Genierer. Ein Tag in Grün.

Ich saß gerade im – ich traue mich das gar nicht laut zu schreiben – ich saß also gerade im AUTO, als Sigi Maurer, Klubobfrau der Grünen, anrief. Das hat eine Vorgeschichte, mit der ich Sie kurz langweilen muss. In der Früh hatte ich Besuch von Bernhard Wurzer, dem neuen Generaldirektor der österreichischen Gesundheitskasse. Ein smarter Typ, der zu meiner tiefen Enttäuschung allerdings mit leeren Händen kam. Die noch von Türkis-Blau versprochene eine Milliarde Euro, die durch die Kassenfusion fix eingespart wird, brachte er nicht mit, um sie gerecht zu teilen, nicht einmal im Kofferraum seines Autos fand sich eine einschlägige Sporttasche. Da war Strache fitter.
Wurzer trug so etwas wie einen Anzug, er könnte aber auch unter einer Wäscheleine durchgegangen und irrtümlich ein Tischtuch an ihm hängengeblieben sein, irgendwas in Tweed mit Karomuster hatte er also an. Ich kenne mich allerdings in der Mode nicht besser aus als bei Hunden. Später am Tag stellte ich nämlich fest, dass Wurzer modisch am Puls der Zeit ist, obwohl er aus St. Pölten stammt, das es nicht einmal bis zur Kulturhauptstadt schaffte, sondern von Bad Ischl geschlagen wurde, viel schlimmer geht es nicht mehr. Chanel präsentierte in Paris seine Herbstmode – viel in Wurzer-Tweed. Man sagt eben nicht ohne Grund, St. Pölten sei das Paris von Niederösterreich.
Mode-Hit Wurzer-Tweed

Jedenfalls fesselte mich das Tischtuch mehr als es sollen hätte, ich war spät dran, bei Öffis herrscht sowieso Wüste, wo „Heute“ ist, also blieb Taxi oder Auto, vom CO2-Austoß einerlei, also nahm ich den Wagen. Ich war schon in der Nähe der Löwelstraße, als mein Telefon läutete, Maurer war dran und fragte mich freundlich (obwohl man beim Tirolerischen auf der Hut sein muss), ob es noch lange dauern würde, bis ich da sei und ob man warten solle. Das war mir ziemlich peinlich, kein Vergleich aber zu dem, was noch folgen sollte.
„Nein, nein“, antwortete ich, „bitte nicht warten, ich bin zwar schon in der Nähe, aber ich suche noch einen Parkplatz“. Einen Parkplatz. Für ein Auto. In Wien. Verraten im Telefonat mit einer Grünen. Alles, wirklich alles hätte mir einfallen können. Ich muss den Tofu noch vom Herd nehmen, mein Lastenrad hat einen Patschen, ich soll in einer Flaniermeine noch schnell eine Zypresse pflanzen, aber nein, Parkplatz. Ich kannte Flugscham und Umtauschscham und SUV-Scham und Fleischscham, ich hatte gehört, dass in den Niederlanden „schaamte“, also Scham, sogar zum Wort des Jahres 2019 gewählt worden war, aber nun erlebte ich am eigenen Leib etwas ganz Neues – Parkplatzscham. Ich nahm trotzdem den ersten Stellplatz, der sich anbot, war auch schon wurscht.
Ich hatte es wieder mit den Türen. Bei den Grünen ist es so: Man läutet an, die Gegensprechanlage gibt dann einige Geräusche von sich, man wird auf ein Handy verbunden und zwar offenbar zur Dame, die unmittelbar hinter der Tür sitzt. Es macht „pieps“ und „chrchrch“, etwa so wie bei den ersten Internet-Modems, ein paar Informationen über das Fortschreiten des Anliegens tauchen auf einem Display auf und verschwinden, dann ist alles still. Ich probierte es einmal, zweimal, dann erbarmte sich die Dame hinter der Tür, die mich vielleicht belustigt über eine Kamera beobachtet hatte, und öffnete.
Nur nicht übertreiben

Die Grünen wohnen recht schön, einen Stock unter den Neos, die jetzt, wie soll ich sagen, nicht mehr ganz so toll über ihre früheren Oppositionskumpels reden. Vor dem Wiedereinzug muss bei den Grünen geweißigt worden sein, ich huschte seitlich bei der Tür hinein, Maurer hatte tatsächlich schon mit dem Hintergrundgespräch begonnen, Strafe muss sein. Sie und Klubdirektor Wolfgang Niklfeld saßen vor einer riesigen grünen Leinwand, vom Setting her erinnerte das an eine Pressekonferenz von Jürgen Klopp, die Grünen haben freilich nur einen Sponsor, sich selbst, denn lediglich ein Logo war auf der Leinwand aufgedruckt, das der Grünen, falls der Gag näherer Erläuterung bedarf.
Links und rechts standen, warum auch immer, jeweils ein Lampenschirm, beide hätten gut in jedes bürgerliche Wohnzimmer gepasst. Nun aber hielt eine der Lampen den Schirm schräg, wie Menschen, die man etwas fragt und die nicht gleich die Antwort wissen und dann den Kopf schief legen, als ob sie Gehirnflüssigkeit zusammenlaufen lassen müssten. Die Lampe rechts hinter Maurer dachte sehr intensiv nach, wie sie finden sollte, was hier besprochen wurde und das taten auch die Reporter, die vor Maurer und Niklfeld saßen wie eine Schulklasse, die das Wesen von vorwissenschaftlichen Arbeiten erklärt bekommt.
Im Raum saßen 13 Journalisten, nur zwei davon Frauen und die hatten hart zu kämpfen, um das Wort zu erlangen, gegen Ende hin, als die Männer im Raum langsam ermatteten, wurde es leichter. An der Frauenquote müssen die Medien noch ein bisschen arbeiten, vielleicht ist das aber auch nicht mehr wichtig, einige Frauen haben ja jetzt einen Job in der Regierung gefunden und übertreiben sollte man auch nicht.
U-Ausschuss light

Es war keine leichte Übung, die Maurer hier zu absolvieren hatte. In der Opposition war alles locker und flockig, man konnte hinhauen wie und wann man wollte, die Prüfung der Alltagstauglichkeit von Vorschlägen konnte entfallen. Jetzt aber sitzt man in der Regierung und hat die Kavallerie der ÖVP im Nacken und es gibt einfachere Leute, vor denen man hergetrieben werden könnte. Es galt, den Journalisten einen U-Ausschuss über die Umtriebe von Türkis-Blau schmackhaft zu machen, dem wesentliche Gewürze abhanden gekommen waren. Eine der beiden früheren Koalitionsparteien sitzt immer noch in der Regierung und stellt den Kanzler und hat wenig Lust darauf, im Parlament vorgeführt zu werden, vor allem nicht von so jungen Hupfern, die man gnadenhalber ins Haus geholt hat, damit sie lernen, wie richtige Politik geht.
Also wird die Casinos-Affäre untersucht und das Glücksspiel, aber wenig sonst, was Türkis-Blau so alles eingefallen ist. Auch nicht die Ibiza-Ermittlungen, die Gesetzesbeschlüsse, der Postenschacher. Die Besetzung von Dieter Hoscher in den Casinos schon, aber nicht in der Nationalbank. Nicht, was Strache in Spanien so aus der Hüfte schoss, die Ibiza-Affäre wird also ohne Ibiza beleuchtet, es ist reichlich verwirrend. Maurer bemühte sich als logisch darzustellen, was nur bedingt logisch ist. Der Einfachheit halber lasse ich hier etwas Platz übrig und sie können eintragen, was die Grünen zu alldem gesagt hätten, wenn sie noch in der Opposition wären …………… ………………………………… ……………………… ………………… …………… ………………………….. ……………………… ………………………………… ……………………… ………………… …………… ………………………….. ………………………. Ich hoffe der Platz reicht.
Leben wie ein Kaiser

Allerdings muss ich anmerken: Texten kann man auch auf kleinstem Raum. Der neue Slogan der Kärntner Fremdenverkehrswerbung heißt „It´s my life“. Ich weiß jetzt auch nicht warum, aber vielleicht kam man drauf, dass „Urlaub bei Freunden“ nicht so gut passt, da die Kärntner doch nicht jeden, der kommt, als Freund sehen, zuweilen nicht einmal die, die schon da sind, die Kärntner Slowenen wissen, wovon ich rede. Jedenfalls frage ich mich, warum der Slogan nicht „It´s my lei lei life“ heißt, das wäre doch stimmiger. Aber vielleicht haben die Grünen sich das schon schützen lassen, es passt ja irgendwie zu ihrem derzeitigen Leben auch ziemlich gut.
Haben Sie einen wunderbaren Mittwoch. Lei Lei!
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"No words needed"
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Jedem Anfang wohnt ein Zauberer inne