Früchte des Zorns

Ein rotes Protokoll, ein türkisloser Kanzler, eine Schwarze mit Blaumann.

Ich habe Österreich bisher falsch gesehen, postmodern müsste ich eigentlich sagen falsch gelesen. Ich dachte, Österreich ist mehr oder weniger ein Land wie viele andere, mit einer Art Parlament, lauthals hochgeschätzt und stumm verspottet, einer Verfassung und einer gewissen Verfasstheit. Mit Uhrtürmen, Bürotürmen, Kirchtürmen, Silotürmen. Mit Seen, von denen aus man auf die Berge schauen und Berge, von denen man auf die Seen schauen kann. Mit einem geregelten Jahreslauf, in dem sich staunend dasselbe immer wieder neu erleben lässt. Getaucht in Neonlicht und Scheinwerferlicht und etwas Rotlicht.

Ich habe mich getäuscht. Österreich ist genau genommen ein Theaterstück, ohne Ende und Anfang, sieben Tage die Woche, rund um die Uhr. Hin und wieder wechseln die Schauspieler in andere Engagements oder werden gewechselt, zuweilen auch die Intendanten. Oft tauchen sie danach wieder auf, um über ihre eigene Hinterlassenschaft zu urteilen. Es gibt eine Rahmenhandlung und ganz viele Nebenhandlungen, in die dieselben Personen verstrickt sind oder andere. Es ist immer etwas da zum Schauen und Staunen, im Warten auf das Erwartete geschieht viel Unerwartetes. Diese Woche etwa wurden Hände abgehackt, es ging ums Golfen und ums Rasenmähen, die Apokalypse wurde angekündigt, Heckenschützen tauchten auf. Eigentlich müssten in Österreich die Menschen in den Theatern ihre Wohnungen haben und dann hinausgehen, denn vor der Tür gibt es mehr zu sehen und zu erleben als auf den Bühnen.

Die abgelaufene Woche begann damit, dass die Woche davor zu Ende gegangen war, der Übergang verlief fließend. Denkwürdige Tage folgten. Politiker, die sich den Kopf darüber zerbrechen, wie sie die wütende Bevölkerung weniger wütend machen könnten, lebten ihre eigene Wut auf offener Bühne aus. Die sprachliche Abrüstung wurde dadurch betrieben, dass man sich selbst bis auf die Zähne bewaffnete, Verschwörungstheorien wurden bekämpft, indem man sich auf eigene Verschwörungstheorien einschwörte. Das Theaterland Österreich erlebte eine neue Renaissance, sie war sehr Barock.

Am vergangenen Sonntag wählte Kärnten. Ich pries sämtliche Götter, die mir in den Sinn kamen, dass ich mich mit meinem Medium diesmal nicht aktiv an der Meinungsforschung beteiligt hatte, denn alle Umfragen erwiesen sich als grundfalsch, meine Prognose hier letzten Sonntag inklusive. Es begann sehr viel Kaffeesudleserei, man sieht es nicht gern, wenn sich die Wählerschaft anders verhält als im Drehbuch vorgesehen. Im Text stand eigentlich, dass die SPÖ souverän siegt und die ÖVP in den Abgrund taumelt, es kam andersrum, zumindest stellte es sich so dar. Je länger wir die Wählerschaft kennen, desto fremder wird sie uns.

Das hat vielleicht auch mit der Pandemie zu tun. Das Wahlvolk verdrängt, aber er hat gleichzeitig ein Elefantengedächtnis, redet nur nicht offen darüber, so wie sich viele früher nicht zu sagen getraut haben, dass sie die FPÖ ankreuzen. Neben dem mittlerweile kleinen Häufchen, das immer wieder zum Demonstrieren gegen alles Mögliche nach Wien fährt, gibt es offenbar unheimlich viele, die eine heimliche Wut in sich tragen. Die keine Fahnen schwenken und keine Kuhglocken läuten, aber die dem Staat die Coronapolitik nachtragen, ihn dafür verachten und die dann so wählen wie sie eben wählen. Ihr Unmut lässt sich nicht von den Lippen, aber am Wahlergebnis ablesen. Wer regiert, verliert.

Ich hol´ Dir die Sterne vom Himmel…

…Glaub´ ich Dir aufs Wort

Als der Wahlsonntag seinem Ende entgegenstolperte, saß im ORF ab 22.22 Uhr eine kleine Runde zusammen und versuchte die SPÖ zu deuten. Am Wochenende war das „Profil“ mit einer Titelgeschichte über Hans Peter Doskozil erschienen. Der burgenländische Landeshauptmann sprach darin offen über seine Kehlkopf-Erkrankung, tatsächlich wollte er Krebs-Gerüchten entgegentreten, es war ihm zu Ohren gekommen, dass sie neu gestreut wurden. In Kärnten hatte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner das magere Wahlergebnis auch mit „in der Öffentlichkeit geführten internen Diskussionen“ erklärt. Ein Hinpratzeln auf den Bären aus dem Burgenland, noch zart vorgetragen, das änderte sich rasch.

Die Debatte bei „Im Zentrum“ hatte noch nicht einmal richtig Fahrt aufgenommen, als es um 22.27 Uhr interessant wurde, wenn auch nicht im TV-Studio. Fünf Minuten nach Sendungsbeginn, Hannes Swoboda war gerade dabei, Doskozil als „Verursacher“ der SPÖ-Krise zu brandmarken, machte es bei Roland Fürst „pling“. Der burgenländische SPÖ-Geschäftsführers schaut sich daheim die TV-Diskussion an, als eine SMS bei ihm einlangte. Armin Wolf fragte an, ob Doskozil am nächsten Abend zum Interview in die ZiB 2 kommen möchte. „Ich denke nicht“, schrieb Fürst zurück, versprach aber sich zu erkundigen.

Tatsächlich sagte Doskozil am Montagmorgen um 9.10 Uhr ab und das gleich bis nach der Salzburgwahl. ZiB-Redaktionsleiter Christoph Varga kontaktierte daraufhin Rendi-Wagner, sie war gerade auf dem Weg von Klagenfurt nach Wien. Zu Mittag sagte sie zur Überraschung aller zu. Zu diesem Zeitpunkt war im Burgenland schon etwas passiert, dass später noch eine gewisse Rolle spielen sollte. Um 10.21 Uhr wurde mit der dafür nötigen zweiten Unterschrift eine Zahlung von 17.000 Euro freigegeben. Die Landespartei führte die monatliche Überweisung an die Bundespartei durch – drei Wochen vor Termin.

Im Lauf des Tages begann das Kärntner Wahlergebnis in der SPÖ zu sickern und fiel schnell auf fruchtbaren Boden, die Führungsdebatte blühte neu auf. Der Vorsitzende der sozialistischen Jugend forderte als Erster Sonderparteitag und Mitgliederbefragung. Um 22.05 Uhr saß Rendi-Wagner im Studio der ZiB 2 und 651.000 Zuschauer erlebten eine völlig ausgetauschte SPÖ-Vorsitzende. Die manierierte Sprache weg, knappe Sätze ohne Schnörkel, von Mundart durchzogen, das passierte nicht zufällig. Das sonst nicht immer passend gesetzte Lächeln fehlte, Rendi zeigte ein freundliches Gesicht, Entschlossenheit und Wut schafften es aber nur unzureichend, sich dahinter zu verbergen. Die Körperspannung, das Pendeln mit dem Oberkörper nach vorn, alles an ihr signalisierte Angriff. Zum Wolf  war kein Schaf gekommen.

Schon in der ersten Antwort lenkte Rendi-Wagner das Interview selbst Richtung Doskozil und ließ das Thema nicht mehr los. Sie ging All-in, vielleicht wird man später einmal sagen, hier, genau hier, habe ihr Entscheidungsmatch begonnen. Ob sich Pam 3.0 selbst erfand oder neu gecoacht wird, weiß ich nicht, aber das Interview war eine Kampfansage, selbst im Burgenland rieb man sich die Augen und das nicht, weil ein Sturm über die pannonische Tiefebene jagte.

Das zeigte am nächsten Tag Wirkung. Doskozil („ich will nicht mehr über die Bundespartei diskutieren“) und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig („ich glaub, die Menschen haben darüber hinausgehende Interessen“) gaben sich genervt. Rendi-Wagner erneuerte den Kampfauftrag an sich selbst. „Wann immer und in welcher Form der nächste Bundesparteitag stattfindet, ich werde antreten“, sagte sie. Das Duell begann Formen anzunehmen, es suchte nur noch einen Schauplatz.

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Am Nachmittag fixierte die SPÖ den 15. März als Termin für ein Sonder-Parteipräsidium. Die Wiener SPÖ ist an diesem Mittwoch auf Klubklausur, pikanterweise in der St. Martins Therme und Lodge in Frauenkirchen, Burgenland. Das Treffen geht mit einer Keynote zu Ende, „Algorithmen kommen, der Mensch bleibt“. Ludwig bleibt nicht, er ist beim abschließenden Pressefoyer seiner eigenen Veranstaltung nicht mehr zugegen, denn in Wien tritt das Tribunal über Hans Peter Doskozil zusammen, mutmaßlich in Anwesenheit des Betroffenen. Unter den zehn Mitgliedern hat er bestenfalls zweieinhalb Verbündete.

Am Dienstagnachmittag heizte sich die Stimmung neu auf. Die Bundes-SPÖ verschickte routinemäßig ihren Newsletter an die Parteimitglieder, er trug den Titel „Klar, kämpferisch, konsequent: Starker ZiB 2-Auftritt von Pamela Rendi-Wagner“. Eine Abrechnung mit Doskozil, ohne Nennung seines Namens, ergänzt durch das Video des TV-Interviews. Im Burgenland brachte die Mail das Weinfass zum Überlaufen. Der eigene Landeshauptmann beschimpft von der eigenen Partei in der eigenen Hauspost, das sorgte für Schnappatmung. Knapp vor 17 Uhr griff Landesgeschäftsführer Roland Fürst zum Handy und rief Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch an, das Gespräch wurde recht flott emotional.

Später sollte Deutsch behaupten, die Burgenländer hätten das Ende ihrer Beitragszahlungen verkündet, Fürst will lediglich gefragt haben, warum die Landes-SPÖ einer Bundespartei Geld geben sollte, die ihren eigenen Landeshauptmann beflegelt. Mit 12.000 Mitgliedern ist das Burgenland, gemessen an der Einwohnerzahl, die stärkste Landesgruppe der SPÖ (Niederösterreich liefert die höchsten Beitragszahlungen ab), das verleiht Muskeln, die aber stecken in einem engen Korsett. Für einen Stopp der Überweisung ist ein Beschluss der Landespartei nötig, Fürst kann das nicht im Alleingang machen, es käme auch einer Abspaltung gleich. Das hitzige Gespräch ging zu Ende, es passiert nichts. Zumindest zunächst.

In Wien verfasste Pamela Rendi-Wagner zu dieser Zeit einen Brief an Hans Peter Doskozil, er blieb sehr förmlich. Sie bat den „lieben Genossen“, nicht den „lieben Hans Peter“, zum Parteipräsidium am Mittwoch zu kommen, eigentlich bestellte sie ihn ein. Das Schreiben ist nur acht Zeilen lang, schließt mit „freundschaftlichen Grüßen“, Rendi ließ es ihre Assistentin verschicken. Die Mail langte um 19.13 Uhr im Burgenland ein. Danach rief die Parteichefin gefolgsam die „Krone“ an, übermittelte ihr ebenfalls den Brief, er wurde in der Morgenausgabe nur am Rande erwähnt.

Am Mittwoch berichtet zunächst das Ö1 Morgenjournal über das Schreiben, im „Journal um 8“ wird der Beitrag wiederholt, er steht nun an erster Stelle der Kurzmeldungen. Gegen 8.30 Uhr steigt Doskozil in Oberwart in seinen schwarzen Dienst-BMW. „Und, fahr ma nach Wien?“, fragt ihn sein Chauffeur. Das Smartphone des Landeshauptmannes ist da schon längst in einem nachgerade hysterischen Zustand, es bimmelt und fiepst und windet sich wie ein Wurm. Doskozil ist auf dem Weg nach Schattendorf, er gibt im Gemeindesaal eine Pressekonferenz zur Solaranlage SonnenPark, nebenbei sagt er dem Präsidium sein Kommen zu. An manchen Tagen geht die Sonne fast gleichzeitig auf und unter.

Am Abend sitzt er ab 18 Uhr mit Helmut Brandstätter im Martinsschlössl in Donnerskirchen auf der Bühne und diskutiert mit dem Neos-Abgeordneten über dessen neues Buch „Heilung für eine verstörte Republik“. Er beißt sich fast die Zunge ab, um die Verstörtheit der eigenen Partei nicht zum Thema zu machen. Gegen 19 Uhr merkt Doskozil, wie seine Mitarbeiter den Raum verlassen, einer nach dem anderen. Er weiß nicht, was passiert ist, aufs Handy kann er nicht schauen, alle Blicke sind auf ihn gerichtet. So erfährt er erst nachher was passiert ist.

26 Stunden nachdem Landesgeschäftsführer Roland Fürst bei ihm angerufen hatte, beginnt Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in Wien plötzlich zu scheppern wie ein Kluppensackerl. Erst jetzt ist er tief schockiert darüber, dass ihm die Burgenländern angeblich keine Parteigelder mehr überweisen wollen, und was tut man in einer solchen Situation? Man ruft die „Krone“ an, wenn man die Nummer nicht zur Hand hat, muss „Österreich“ reichen. Um 18.40 Uhr verschickt das Blatt über die Austria Presse Agentur die Nachricht vom pannonischen Zahlungsstopp, gestützt allein auf die Aussage von Deutsch, eine Nachfrage im Burgenland entfällt. Um 19.44 Uhr wiederholt die ZiB 1 den Vorwurf, sie hat sich ihn nur von Deutsch bestätigen lassen, von jenem Mann also, von dem der Anwurf ursprünglich stammt. Bemerkenswert.

In der burgenländischen SPÖ, von der bis dahin niemand etwas wissen wollte, geht es inzwischen rund. Vom Martinsschlössel aus dirigiert Fürst einen Mitarbeiter in die Parteizentrale, er stöbert den Überweisungsbeleg an die Bundespartei vom Montag dieser Woche auf, 17.000 Euro, die Partei war dafür sogar in Vorleistung gegangen und hatte Mitgliedsbeiträge überwiesen, die ihr selbst noch gar nicht zugeflossen waren. Fürst postet den Ausdruck um 19.42 Uhr. Und erledigt damit das, was eigentlich Job der Journalisten gewesen wäre.

Am nächsten Tag sind die Beitragszahlungen plötzlich kein großes Thema mehr. Rendi-Wagner erklärt den Vorgang für geklärt, nun spricht sie von „Drohungen und Einschüchterungen“ aus dem Burgenland, von „schmutzigen Methoden“, von einer „Heckenschützenmentalität“, einen Beleg dafür präsentiert sie nicht. Das Parteipräsidium verspricht unterhaltsam zu werden, eine Klärung des Konflikts wird der Mittwoch aber wohl nicht bringen. Für Beschlüsse ist das Gremium nicht vorgesehen. Die SPÖ bleibt ein Trümmerhaufen.

Fly Me to the Moon

Ah, da hab´ ich das Öffi-Ticket eingesteckt

Am Freitag wartete Österreich auf die Zukunft, sie kam 12 Minuten zu spät, vielleicht hatte sie sich in der verwinkelten Wienerberg City in Favoriten verlaufen. In einem Hochhaus der Anlage namens ThirtyFive gibt es in im 35. Stock eine Art Partyraum, der myhive heißt, es könnte aber auch genau umgekehrt sein. Ebendort wollte der Kanzler zur Nation sprechen, ihr quasi von ganz oben herab ein High Five geben. 200 Gäste saßen ab 11 Uhr in einem schlauchartigen Raum auf durchsichtigen Plexiglassesseln wie die Leute früher im Eisgeschäft am Land, Minister, Landeshauptleute, Manager, Sozialpartner, der ÖVP zugeneigte Personen, nur Sebastian Kurz wurde vermisst, oder auch nicht, er sei im Ausland, hieß es. Vielleicht hätte er über den Ort den Kopf geschüttelt, unabhängig davon, ob er ThirtyFive oder Myhive oder High Five heißt.

Der für eine derartige Veranstaltung ungeeignete Platz war mutmaßlich bewusst gewählt, den Geladenen sollte die Erinnerung an Kurz ausgetrieben werden und das gründlich. Keine 10.000 Fans wie in der Wiener Stadthalle, nichts in Türkis getaucht, keine Fanfaren, Riesenleinwände, hochgehaltene Handy-Lamperln, kein Peter L. Eppinger als Einpeitscher, keine Groupies wie Elisabeth Köstinger. Die neue, alte ÖVP sitzt gesittet, applaudiert, aber trampelt nicht, sie lässt ihre Euphorie nach innen entweichen. Und sie trägt wieder schwarz. In den Gedanken, in den Worten und am Teppichboden.

Anstelle von Eppinger begrüßt Ina Sabitzer die Kundschaft, sie war früher Sprachrohr der Post, noch viel früher Sprecherin im Justizministerium, nun betreibt sie laut eigener Webseite Moderation, Strategic Communication und Corporate Profiling. Statt „The Final Countdown“ ist Klaviermusik einer 12-Jährigen Jasmin zu hören, sie hat angeblich für „Österreich 2030“ eine Art Hymne komponiert. Dann strömt Karl Nehammer der Bühne zu, winkt, verbeugt sich. Die bodenlangen Glasfenster hinter ihm sind mit Folie abgeklebt, der Blick auf die Stadt bleibt atemberaubend, vor den Scheiben schießt eine Drohne nervös hin und her. Was auch immer kann nun beginnen.

80 überlange Minuten dauert die „Rede zur Zukunft der Nation“, es ist nicht ganz klar, in welcher Funktion Nehammer sie hält. Als Parteichef? Als Kanzler? Als Nchfolger eines Messias? Wie oft in Österreich vermischt sich alles zu einem süßen Brei. Natürlich ist es keine Ansprache, die sich ans Jahr 2030 richtet, eher eine so Richtung Weihnachten. Sie bietet keine Erweckungserlebnisse, zeichnet keine Bilder, die uns ab nun begleiten, verfügt über keine Anekdoten, die sich gut weiterzählen lassen und weckt keine Visionen, die über den Tag hinaus Bestand haben. Sie ist solide, das ist nicht nichts, aber sie reißt nicht mit, dafür wurde sie auch weder gemacht noch gehalten.

Der Kanzler ist kein Kennedy. Er kündigt uns keine Mondlandung an, aber er verspricht, dass wir auch in Zukunft mit dem Auto überall hinkönnen. „Es ist total in Ordnung sich dazu zu entschließen, mit seinem Rad täglich in die Arbeit zu fahren, aber es gibt dafür keinen Grund diejenigen, die auf das Auto angewiesen sind zu beschimpfen oder schlecht zu machen“, sagt er unter Applaus. Er nennt Österreich ein „Autoland schlechthin“ und verspricht sich in der EU gegen das bereits paktiertes Verbot von Verbrennungsmotoren auszusprechen. Für den Heimweg muss er dann selbst die U1 vom Reumannplatz bis zum Stephansplatz nehmen, Wien ist zugestaut. Der Herrgott, der dieser Veranstaltung sicherlich seinen Segen gegeben hat, wird darüber verärgert gewesen sein, dass er in der Rede mit keiner Silbe vorkam und das in einer ÖVP, die wieder so sein will wie früher.

Nehammer entert die Mitte, dafür ist die Rede gut geeignet. Fast ein Viertel der Zeit beschäftigt sich die Zukunft mit der Gegenwart, mit Sorgen wie Pandemie, Krieg, Gaskrise. Der Kanzler wirft ein Netz konservativer Ideen und Gedankengänge übers Land, er spricht vom Blasmusikkapellen, die Bestand haben müssten, „wer zwei gesunde Hände hat, soll auch arbeiten gehen“, „Schulen sollen aufs Leben vorbereiten und nicht auf die Arbeitslosigkeit“, die Balance im Leben dürfe nicht dazu führen, „dass die einen nur mehr work und die anderen nur mehr life haben“. So haben Eltern ihren pubertierenden Kindern früher das Leben erklärt.

Der Kanzler nimmt die Stammtische ins Visier, die können ruhig auch beim Plachutta stehen. Er ärgert sich übers Gendern, über die EU und ihre vielen Vorgaben, über die „Untergangsapokalypse und den „Untergangsirrsinn“, die manche zeichnen, über Klimakleber, dass Putenfleisch nicht mehr in Österreich erzeugt werde, Menschen sich kein Reihenhaus mehr leisten können, schwer an Kredite kommen, es kaum mehr Eigentum gibt. Er will das Arbeitslosengeld neu gestalten und Migranten später Sozialleistungen zukommen lassen, es ist eine wilde Mischung. Gegen Ende hin zitiert er STS, „keine Angst vor irgendwas und irgendwem“ solle Österreich haben, zum Schluss appelliert er: „Packen wir es an“. Leider erklärt er nicht was.

Alle Hände noch da …

… Aber Koalition weg

Ich wünsche einen wunderbaren Sonntag. Eigentlich wollte ich mich etwas länger mit Niederösterreich befassen, aber mir geht leider das Papier aus. In St. Pölten sind die Koalitionsgespräche zwischen der ÖVP von Johanna Mikl-Leitner und der SPÖ von Sven Hergovich geplatzt, ein schwarz-blauer Pakt steht vor der Tür, am Mittwoch könnte es soweit sein. Es wären die ersten Verhandlungen, die scheitern, weil sich einer der Beteiligten die Hand abhacken wollte. Vielleicht schreibe ich nächste Woche mehr zu den Hintergründen, vorab nur ein kleiner Schwank, der mir aus den Parteien zugetragen wurde. ÖVP und SPÖ werfen einander gegenseitig ein zu geringes Engagement bei den Verhandlungen vor. Die SPÖ sagt, sie hätte gern schneller mit den Gesprächen gestartet, das sei aber nicht gegangen, weil der ÖVP-Chefverhandler zehn Tage auf Golfurlaub in Südafrika weilte. Die ÖVP kontert, sie hätte Termine für Verhandlungen auch am Wochenende vorgeschlagen. Das hätte die SPÖ mit den Worten abgelehnt: „Da verhandeln wir nicht, da mähen wir den Rasen.“

Ich schreibe das jetzt einfach einmal so, ohne Gegencheck, das dürfte jetzt modern sein. Wie anfangs gesagt: Österreich ist eben ein Theaterstück. Und schon beginnt wieder eine neue Aufführungswoche.

Fotos:
Pamela Rendi-Wagner: „Heute“, Helmut Graf
Hans Peter Doskozil, Rendi-Wagner: „Heute“, Helmut Graf
Karl Nehammer: Picturedesk, EXPA, Max Slovencik
Nehammer: Picturedesk, Roland Schlager
Sven Hergovich: „Heute“, Helmut Graf
Johanna Mikl-Leitner, Udo Landbauer: Picturedesk, Georg Hochmuth

Alle bisherigen Blogs finden Sie gesammelt unter dieser Adresse

Bisher erschienen:
Ziemlich rotlos
In GISkussion
Schauma aufs Trauma
Sehnen lügen nicht
Warum? Darum!
Ansichtssache
Kindergarten-Cop
Hannimoon
Das Jahr kann gehen
Der Kanzlermacher
Lauter Teufelszeug
Reine Kussmetik
À la Karl
Sobotka und der Goldflügel
Das Schweigen der Klemmer
Wüstenschliff
Die nackte Kanone
Dominik Team
"Oida, es reicht!"
Advent, Advent, kein Lichtlein brennt
New Hammer in New York
Reise ins Glück
Bis zum letzten Laugenstangerl
7 Tage, 7 Nächte
Schweigen wie ein Wasserfall
Deckeln und häkeln
Autokorrektur
Zwischen Tür und Mangel
Patient 37.396
Erwachet!
Der Mücktritt
Jenseits von Reden
Zum Tee bei Mückstein
Die Vier im Jeep
Anrufe aus dem Jenseits
Hallo Hase! Hallo Pfau!
Impfgicht
Das Jahr der Kehrseiten
Im Echsenreich
Haarige Angelegenheiten
Bussibär in der Karlsburg
Der neue Kurz
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Operation Rindsbackerln

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Unser Comeback-Turbo
Österreichs neuer Chefarzt
Wollt ihr uns pflanzen?
Der Sturm vor der Ruh
Der Tanz auf dem Vulkan
Geheimakt Impfung
Blöd gelaufen
Im Plexiglashaus
Der Frauentag und ich
Auf Teufel komm raus
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