Park mas an!

Ein Land sperrt zu, nicht immer gelingt das schlüssig.

Manche Veränderungen, die Corona auslöst, werden nachhaltig sein. Ich denke, dass sich vor allem in unserem Zusammenleben einiges ändern wird, auch der Umgang zwischen Journalisten und Politikern wird sich vollkommen neu ordnen. Die ersten Anzeichen gibt es schon. Der „Kurier“ interviewte Finanzminister Gernot Blümel und natürlich ging es ums Budget fürs laufende Jahr, um die Milliarden, die wegen der Corona-Krise flüssig gemacht werden müssen, und um die Pläne, wie Unternehmen am Leben erhalten könnte. Die erste Frage betraf freilich nicht ATX, Basel III oder Lombardkredite, sondern sie lautete: „Herr Minister, wie geht es Ihnen und Ihrer Familie gesundheitlich?" Der Angesprochene antwortete, wohl etwas überrascht, mit „sehr gut, bei uns sind alle wohlauf – zum Glück".

Ich finde diese neue Rücksichtnahme vorbildlich, das Verhältnis zwischen Journalisten und der Regierung, vor allem auch mit dem türkisen Teil davon, galt ja lange Zeit als zerrüttet, aber damit ist jetzt Gottseidank Schluss. Wenn dieser ganze Corona-Schmarrn einmal vorbei ist, dann stelle ich mir ein Interview in der ZiB 2 so vor:
„Bei mir im Studio ist jetzt der amtierende Bundeskanzler Sebastian Kurz. Guten Abend, Herr Kurz, Servus Sebastian“.
„Hallo Armin, danke für die Einladung“.
„Keine Ursache, ich bin immer am fruchtvollen Austausch interessiert. Bevor wir uns jetzt der aktuellen Politik zuwenden, eine Frage: Hat die Backerbsensuppe beim 70er vom Papa eh gepasst?“

Unerlässlicher
Erlass

Unverordnete
Verordnung

Seien wir ehrlich: Diese ewige Fragerei wegen der Sicherungshaft, dem Schreddern und irgendwelcher WhatsApp hat doch die Leute nie wirklich interessiert. Es muss wieder mehr menscheln zwischen Politikern und Journalisten. Was vergibt man sich, wenn man Margarete Schramböck fragt, ob der Thymian im Kräutergarten gut gedeiht? Oder Gernot Blümel, wie er den neuen Roman findet, den Ovid gerade rausgebracht hat? Oder Rudolf Anschober, ob Agur heute schon sein Hauferl gemacht hat? Diese Corona-Zeit darf doch nicht ganz umsonst gewesen sein.

Sie ist schon deshalb nicht ganz umsonst, weil sich gerade in solchen Phasen Österreich in seinen ganzen Facetten offenbart. Österreich ist ja genau genommen kein Land, sondern eine Choreographie, man sieht das aktuell sehr gut am Umgang mit unseren Parks. Die sind wegen der Corona-Krise eigentlich zu, aber wiederum genau wegen der Corona-Krise eigentlich offen, was eigentlich nur auf den ersten Blick ein Widerspruch ist. In Österreich ist nämlich ein Park nicht einfach ein Park mit Wiesen, Pflanzen und ein bisschen Tralala dazu, sondern Parks sind ein Teil der Amtsschimmel-Choreographie und ich muss jetzt vermutlich nicht mehr viel dazusagen: Ab da wird es kompliziert.

Also: Am Montag sperrten die sieben Bundesgärten zu, in Wien Augarten, Burggarten, Volksgarten, Belvedere, Schönbrunn und zwei weitere Anlagen in Innsbruck. Das fiel kaum jemandem auf, weil man ja derzeit nur portionsweise raus darf. Die Bundesgärten nannten ihre Sperre nicht einfach Sperre, sondern „präventive Sperre“, für Ausländer „preventive closure, das sollte das Ganze wohl erhabener wirken lassen. Um auf die „preventive closure“ aufmerksam zu machen, befestigten sie einen Hinweis, man könnte auch sagen einen Kaszettel, am Eingangstor des Volksgartens. Platz war ja genug, denn die wuchtige Tür war zu.

Oben auf dem Kaszettel stand das Logo der Bundesgärten, weiter unten auf dem Kaszettel fand sich die Begrüßung „Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher“, was nicht ganz stimmte, denn eigentlich hätte da stehen müssen, „Sehr geehrte Nicht-Besucherinnen und Nicht-Besucher“. Wenn die Leute mehr der Schabernack getrieben hätte, dann hätten sie noch anfügen können: „Jetzt werden Sie gleich ziemlich große Augen machen“. Tatsächlich aber war zu lesen: „Als Präventivmaßnahme zur Eindämmung von Infektionen durch das Coronavirus (Covid-19) wurde der Park durch das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf Grundlage des Erlasses des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz für Besucherinnen und Besucher bis auf Weiteres geschlossen“. Kürzer hätte man es so ausdrücken können: "Corona is, schleichts eich“.

Maiswein statt Messwein

... haut auch rein

Ich weiß nicht, ob die geschraubte Formulierung für Unbehagen sorgte oder ob jemand mit der Gesamtsituation unzufrieden war, jedenfalls findet sich auf dem Kaszettel eine handschriftliche Ergänzung, genau genommen nur ein Wort: „Trottel“. Wer damit gemeint ist, muss offen bleiben, vielleicht es auch eine Metapher.

Es kann zu Reibungsverlusten führen, wenn zwei Ministerien an etwas so Komplexem wie der Schließung eines Parks beteiligt sind und so war es auch hier. Das „Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus“ hatte auf dem Kaszettel darauf hingewiesen, dass es die Entscheidung, den Park dichtzumachen, auf „Grundlage des Erlasses des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz“ getroffen hatte, blöderweise hatte dem „Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz“ niemand gesagt, dass es einen diesbezüglichen Erlass gibt, geschweige denn, dass er ihn höchstselbst erlassen haben soll.

Als Rudolf Anschober gemeinsam mit Innenminister Karl Nehammer gestern eine Pressekonferenz gab, nahm das Unheil seinen Lauf. Nehammer streute zunächst zwei Begriffe in die Parklandschaft, die nicht nur in Beamtenherzen die Sonne aufgehen lassen, sie lauten „Einmetersicherheitsabstand“ und „Einmetergrundabstand“. Diesen „Einmetersicherheitsabstand“ oder „Einmetergrundabstand“ gelte es unbedingt einzuhalten, sonst „wird die Polizei einschreiten, informieren, und bei Nichtbefolgen handeln“.

In Parks, die dem Bund gehören, muss die Polizei nicht „einschreiten, informieren, und bei Nichtbefolgen handeln“, denn die sind ja geschlossen, oder eben nicht. Der „Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz“ sagte in der Pressekonferenz nämlich, er werde „keinen zentralen Erlass für Schließungen machen“, obwohl aufgrund seines Erlasses, den es nicht gibt, bereits drei Tage davor alle Parks des Bundes geschlossen worden waren. Die Spielplätze würden „vorerst nicht geschlossen“, sagte Anschober, was das Ganze nicht einfacher machte, denn der Spielplatz im Volksgarten ist nur erreichbar, wenn man den geschlossenen Park durchquert, Erlass hin oder her.

„Einzelne Gemeinden können freilich strengere Regeln erlassen“, fügte Anschober an und das war ein gefährlicher Satz, denn da grätschte Wien hinein und machte es genau andersrum, aus der Amtsschimmel-Choreographie wurde flugs eine Föderalismus-Choreographie. Denn Wien erklärte, alle Parks offen zu lassen, allerdings die Spielplätze zu sperren. Wir haben also 7 Bundesgärten, die geschlossen sind, mit Spielplätzen drin, die offen sind. Wir haben andererseits 1.000 Parkanlagen der Stadt Wien, die offen sind, manchen haben Spielplätze drin, die allerdings geschlossen sind. Meine Prognose: In spätestens zwei Tagen ist alles zu.

Leeranstalt

Leerpfad

Leerstelle

Es ist nicht immer schlecht, öffentliche Flächen geschlossen zu halten. In China gibt es angeblich nur mehr 250 Elefanten, einige davon leben in der Provinz Yunnan, im Südosten des Landes. Die Provinz wurde schwer von Covid-19 erfasst, das verschaffte Tieren Lebensraum, wo sie bisher keinen hatten. Auf der Suche nach Nahrung stieß ein Rudel der Dickhäuter auf Maiswein und langte etwas zu viel zu. Nachdem jeder Elefant so um die 30 Liter verputzt hatte, fiel einer nach dem anderen um und schlief an Ort und Stelle seinen Rausch aus. Ich finde die Twitter-Bilder davon zu nett, als dass ich Sie Ihnen vorenthalten hätte können.

Die Elefanten dürfen wenigsten noch raus. Österreich wird in den nächsten Tagen noch leerer werden, vielleicht aber auch nicht. Gestern Abend erließ Gesundheitsminister Anschober eine Verordnung die Home-Office zwingend vorschreibt, vielleicht aber auch nicht. Arbeitsstätten dürfen „lediglich dann betreten werden, wenn die berufliche Tätigkeit nicht auch außerhalb der Arbeitsstätte durchgeführt werden kann“, hieß es zunächst. Es war dann aber ein bisschen so wie bei den Parks, die Verordnung wurde nach wenigen Minuten zurückgezogen. Man darf jetzt heute in die Arbeit, vielleicht aber auch nicht, manchmal übertreibt der Liberalismus in dem Land.

Schon jetzt sind freilich die Straßen von Wien leergefegt, wie neue Drohnenaufnahmen zeigen, die „Heute“ übermittelt wurden. Schönbrunn, Kärntner Straße, Karlsplatz, Mariahilfer Straße – kaum jemand ist zu sehen. Schaufensterbummeln, lange her. Die Supermärkte sperren jetzt schon um 19 Uhr zu, noch länger her. Es sind keine leichten Zeiten.

Auch das Wochenende wird hart. Samstag schlägt das Wetter um, seit fast einer Woche picken dann alle in den Wohnungen zusammen und starren nun zusätzlich auf den Regen draußen. Mein Rat: Sorgen Sie nicht nur mit Lebensmitteln und Klopapier vor, sondern legen Sie sich auch einen Vorrat guter Laune an! Hamstern Sie positive Nachrichten, wo immer Sie sie finden können! Pflegen Sie vor allem auch den Kontakt mit Menschen, die Sie nicht runterziehen! Telefonieren Sie mit Freunden, die Sie aufbauen! Legen Sie sich gute Filme raus, die Sie zum Lachen bringen! Stellen Sie sich Musik zusammen, die Sie beschwingt, schauen Sie sich meinetwegen putzige Hundevideos auf Instagram an! Tun Sie alles, was gegen die aufkommende Depression helfen könnte, denn es werden lange Tage und lange Nächte.

Tschuldigung, aber ...

Manchmal werden die Nächte aber aus einem reinen Zufall heraus durch ein paar Funkenflüge Heiterkeit aufgehellt. In der ZiB 2 war gestern der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstel zu Gast. Das war eine gute Wahl, denn wer, wenn nicht die Polizei, sollte in diesen Tagen der Verwirrungen Ordnung in unser Leben bringen? Pürstel hatte sich seine schönste Uniform angezogen, es blinkte und blitzte nur so, als sich ihm Lou Lorenz-Dittelbacher zuwandte, da wusste der Polizeipräsident freilich noch nicht, dass es ziemlich wurscht sein wird, was er anhat, er hätte auch in der Untergatte dasitzen können.

Pürstel wurde aus dem Kommandoraum der Landespolizeidirektion am Wiener Schottenring zugeschaltet, in dem zu dieser Zeit nicht rasend viel los war, aber vielleicht wollte der Herr Hofrat lediglich versinnbildlichen, dass die Exekutive rund um die Uhr im Corona-Einsatz stehe, was von ebenda, dem Kommandoraum aus, dirigiert werde. Er hatte ein schickes Dingsda im Ohr, ich weiß nicht, mit wem er verbunden war, aber derjenige oder diejenige hätte ihm vielleicht im Laufe des Interviews sagen können, dass sich im Hintergrund Sodom und Gomorra abspielte.

Lou Lorenz-Dittelbacher wollte vom Wiener Polizeichef zunächst wissen, wie man die verwirrenden Ausgangsbestimmungen zu verstehen habe. Sie hätte das natürlich eigentlich Rudolf Anschober fragen müssen, aber der spielte vermutlich gerade mit seinen Verordnung Tarock. So aber antwortete Pürstel: "Ich denke, eigentlich ist es ganz einfach geregelt. Die Empfehlungen sind im Einklang mit dem, was der Verordnungsgeber dann auch verordnet hat". Gottlob führte er das in der Folge dann verständlicher aus, nämlich, dass man mindestens einen Meter voneinander Abstand halten sollte.

Zu diesem Zeitpunkt war aber bereits einerlei, was Pürstel im Vordergrund von sich gab, denn im Hintergrund schauten zwei Polizisten in einen Monitor und sie saßen so knapp beieinander, dass man eigentlich die Notrufnummer wählen hätte müssen. Das wäre ein Spektakel gewesen, wenn die Cobra hinter dem Polizeipräsidenten in seiner Blink-Blink-Uniform in den Kommandoraum gestürmt wäre und die beiden Polizisten an den Ohren aus dem Raum gezogen hätte. Natürlich in einem Meter Abstand voneinander.

Möge Ihnen mit Abstand genug Platz für gute Laune bleiben. Machen Sie sich ein wunderbares Wochenende!  

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